Grenzach-Wyhlen kämpft für nachhaltige Sanierung, erhält aber aus der Schweiz wenig Unterstützung.
Der Giftmüll wird Juristenfutter: Die Gemeinde Grenzach-Wyhlen will gegen die am Mittwoch erlassene Sanierungsgenehmigung für den Perimeter 2 der Kesslergrube (bz von gestern) Widerspruch einlegen. Dort will die BASF die mit Bauschutt und Hausmüll vermischten Chemieabfälle mit einer bis in den Fels hineinreichenden Mauer einkapseln, einen Kunststoffdeckel gegen Regenwasser draufmachen und das eindringende Grundwasser abpumpen und mittels Aktivkohlefilter reinigen.
Die chemischen Substanzen bleiben also im Boden. Diese Art der Sanierung ist gemäss deutschem Gesetz erlaubt. Darauf beruft sich das Landratsamt Lörrach: Die Einkapselung sei «fachlich geeignet, rechtlich zulässig und daher zu genehmigen». Zudem ordnete die Behörde an, mit der Sanierung sei sofort zu beginnen.
«Die BASF begrüsst den positiven Entscheid», teilt sie mit. Sie wird die Kosten von 26 Millionen Euro tragen. Ein Totalaushub der Deponie, wie ihn Roche auf dem direkt angrenzenden Perimeter 1 vornimmt, würde BASF gemäss Landratsamt «über eine halbe Milliarde Euro kosten».
In Grenzach-Wyhlen sind sich der Gemeinderat, Umweltverbände und die Bürgerinitiative «Zukunftsforum Grenzach-Wyhlen» einig: Der Aushub der Deponie wäre die nachhaltigere Sanierungsmethode. Dies bestätigt ein Gutachten, das die Gemeinde, das Landratsamt und BASF gemeinsam finanziert haben. «Ich bedauere es sehr, dass der Aspekt der Nachhaltigkeit bei der Entscheidung so wenig berücksichtigt wurde», teilt Gutachter Helmut Dörr auf Anfrage mit. Manfred Mutter als Sprecher des Zukunftsforums bedauert, «dass die Informationsveranstaltungen nichts anderes als Monologe über die Position des Landratsamts und der BASF waren, und sich diese zu keinem Zeitpunkt hin zu einem wirklichen Dialog mit der Allgemeinheit geöffnet haben.»
In Grenzach-Wyhlen arbeitet ein Anwaltsteam bereits am Widerspruch. Welche argumentativen Ansätze die Gemeinde in den Vordergrund stellt, will der Gemeinderat in der kommenden Woche beschliessen.
«Insbesondere der angeordnete Sofortvollzug ist äusserst widersprüchlich», erklärt Bürgermeister Tobias Benz. Ein Sofortvollzug erfordere, dass eine Gefährdung besteht. «BASF erklärt aber auf ihrer Website, es bestehe keine Gefahr für das Grundwasser.» In der Frage der Sanierungsmethode werde sicher der einzigartige Standort der Deponie eine Rolle spielen: «Mitten in der trinationalen Agglomeration Basel, von Wohngebieten umgeben und direkt am Rhein.» Deshalb werde Grenzach-Wyhlen die Fühler in Richtung der Schweizer Behörden ausstrecken mit dem Ziel, grenzüberschreitend für die nachhaltigere Sanierung einzutreten.
Da wird Benz dicke Bretter bohren müssen: «Die Kesslergrube befindet sich auf der anderen Rheinseite auf deutschem Boden. Die hydraulischen Verbindungen unter dem Rhein bewegen sich, wenn überhaupt, von Süden nach Norden rheinabwärts. Somit ist der Kanton Baselland von der Kesslergrube nicht betroffen», meint Alberto Isenburg, Leiter des Baselbieter Amts für Umwelt und Energie. «Zu der Sanierung kann ich nur sagen, dass wir zu unseren Kollegen auf der deutschen Seite Vertrauen haben.»
Differenzierter reagiert der Regierungsrat Basel-Stadt in seiner Antwort auf eine Interpellation der Grünen im Grossen Rat, die sich sorgen, die Kesslergrube könnte das Rheinwasser verschmutzen, das man dann in den Langen Erlen zwecks Trinkwasserproduktion versickern lässt: «Selbstverständlich stellt ein Aushub die bessere und vor allem nachhaltigere Lösung dar, als die von BASF vorgesehene Einkapselung», schreibt die Basler Regierung. «Die fehlende Nachhaltigkeit der Einkapselungsmethode wurde beim Behördengespräch mit den deutschen Behörden von den Umweltbehörden Basel-Stadt und Basel-Landschaft klar zum Ausdruck gebracht.» Die Einkapselung wäre in der Schweiz nicht zulässig. «Gemäss geltendem Recht muss eine solche Altlast innerhalb von zwei Generationen, also 50 Jahren so saniert werden, dass sie sich selbst überlassen werden kann.» Doch dann resigniert auch die Basler Regierung: «Die Sanierung wird gemäss geltendem deutschem Recht durchgeführt. Eine allfällige Einsprache dürfte kaum Aussicht auf Erfolg haben und würde zudem das Projekt auf längere Zeit verzögern.»
Eindeutig für den Aushub hat sich die Gemeinde Riehen ausgesprochen. Gemeinderätin Christine Kaufmann bedauert persönlich den Lörracher Entscheid. Doch könne sie die offizielle Stellungnahme des Gemeinderats nicht vorwegnehmen. An der grundsätzlichen Haltung ändere sich nichts. Kommentar Seite 35