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Schach ist wieder cool. Ein Grund dafür ist die Langeweile im Lockdown - ein anderer die Netflixserie "Damengambit".
Schachspielen ist in der Region so beliebt wie schon lange nicht mehr. In Geschäften sind Schachbretter teilweise ausverkauft und die Lieferanten können nicht schnell genug Nachschub liefern. Plötzlich holen Leute ihr verstaubtes Schachbrett aus dem Schrank, rufen sich die Laufmöglichkeiten des Springers ins Gedächtnis, und googeln Eröffnungsstrategien. Und auch mancher Schachverein freut sich über neue Anmeldungen.
Ein Grund für die entfachte Begeisterung für das Brettspiel ist die Serie «Das Damengambit», die seit Ende Oktober auf Netflix läuft. Die amerikanische Miniserie beruht auf dem gleichnamigen Roman aus dem Jahr 1983 und erzählt die fiktive Geschichte eines Schach-Wundermädchens. Aufgewachsen in einem Waisenhaus, lernt die Protagonistin das Schachspiel vom schrulligen Hausmeister im Keller, und entpuppt sich als Ausnahmetalent. In den insgesamt sieben Folgen gewinnt sie gegen fast jeden, wird erwachsen und bekommt ihr Drogen- und Alkoholproblem in den Griff. In der letzten Folge tritt sie gegen den Schachweltmeister Vasily Borgov, natürlich ein Russe, an.
Die charmante Serie macht tatsächlich Lust sich selbst in die Magie der 64-Felder reinziehen zu lassen und zu erproben, ob man vielleicht nicht doch ein verkanntes Schach-Genie ist. Mit der packenden Geschichte und der frischen und stets stylish gekleideten Hauptdarstellerin (Anya Taylor-Joy) schafft es die Serie das leicht angestaubte Image des Schachs loszuwerden. Das begeistert auch junge und weibliche Zuschauer.
Diesen Einfluss merkt Peter Hug, Präsident des Schachvereins «Die Schulschachprofis». Der Verein mit Sitz in Füllingsdorf verzeichnet seit dem Sommer etwa 10 Prozent mehr Anmeldungen, aktuell sind es 540 Mitglieder. Etwa die Hälfte der Neuanmeldungen sei dabei auf die Serie zurückzuführen, schätzt Hug. Menschen die früher nichts mit dem Brett anfangen konnten, finden Schach plötzlich cool, stellt er fest. Die andere Hälfte der Neumitglieder erklärt er sich mit der Pandemie.
«Als die Leute beim Lockdown im Frühling zu Hause sassen, sind wohl viele auf die Idee gekommen wieder einmal das Schachbrett auszugraben». Die Serie war dann der zweite Schub, der dem Verein in die Hände spielte. Ein Faktor für den Zuwachs sei sicher auch, dass der Verein im Frühling auf Online-Schachtraining umgestellt hat. Dass Filme und Serien einen Hype auslösen, ist nichts neues. Schon beim ersten Harry Potter habe man den Einfluss in der Schachszene gespürt, weil Potter in einer Szene Zauberschach spielt.
Die Schachbegeisterung merken auch die Läden. «Wir haben fast keine Schachbretter mehr», sagt Pascal Löhrer vom Spielwarengeschäft Spielbrett in Basel. Auch er erklärt sich den Ansturm mit einer Kombination aus Pandemie und Serie. Das ist plausibel. Manor verzeichnet generell eine grössere Nachfrage bei den Brettspielen, nicht nur bei Schach. Das Warenhaus sieht in erster Linie die Pandemie als Grund für die gesteigerte Nachfrage.
Peter Hug von den Schulschachprofis hofft, dass die Begeisterung für Schach nachhaltig sein wird und auch nach dem Zurückkehren zum physischen Training anhalten wird. Doch er ist zuversichtlich: «Noch haben nicht alle die Serie gesehen».