Nicole Bernegger wurde vom Fernseh-Publikum zur «Voice of Switzerland» gewählt. Der Saal tobt und die Siegerin verschränkt die Hände vor dem Kopf. Die stimmgewaltige Birsfelderin ist der neue Stern am Castingshow-Himmel.
Sagen Ihnen die Namen Maya Wirz oder Katharina Michel etwas? Wenn nicht, dann gehören Sie wohl zu einer grossen Mehrheit in diesem Land, die sich nicht darum schert, wenn mal wieder ein neues Sternchen aus einer helvetischen Talent-Show hervorgegangen ist. Das ist auch kaum verwunderlich, verschwinden doch diese zu Beginn Ihrer Karriere so euphorisch gefeierten «Music Stars» oder «grössten Schweizer Talente» schneller wieder von der Bildfläche, als sie gekommen sind. Meistens versinken sie bereits nach dem ersten Album, das sich weitaus bescheidener verkauft als von der Plattenfirma erhofft, in der Bedeutungslosigkeit. Die als «Sprungbrett zur grossen Karriere» bezeichneten Castingshows erweisen sich für die jeweiligen Sieger oft als zeitlich begrenzten Medienrummel, der spätestens nach der ersten Single-Auskopplung wieder verebbt. Sprichwörtliche «15 minutes of fame», bevor es wieder zurückgeht zu Kinder, Haus und Herd. Interviewanfragen kommen allenfalls noch von einschlägigen Boulevard-Zeitungen.
Mit diesen klischeebehafteten Gedanken im Kopf begebe ich mich also an das gross angekündigte Finale von «The Voice of Switzerland» nach Kreuzlingen. Ich erwarte nichts ausser einer für schweizerische Verhältnisse aufwändig inszenierten Show, die der heimischen Musiklandschaft nur einen weiteren künstlich gefertigten, marketingtauglichen Castingstar bescheren wird.
Stadion-Atmosphäre
Nach Erhalt des Medienpasses, der mir von einer freundlichen jungen Dame mit den Worten «Du bisch wohl zum erste Mol do» überreicht wird, bahne ich mir meinen Weg durch die zahlreich angereisten Fans der Kandidatinnen zum sogenannten «Media Room». Dort erwartet mich nebst zahlreichen Journalisten aus allen Sparten der nationalen Medienlandschaft, vom Lokalradio bis zur landesweiten Tageszeitung, auch ein kleines Buffet mit Mineralwasser und trockenen Brötchen. Für das Wohlbefinden der Medienschaffenden hat das sicherlich grosszügig angelegte Budget der Sendung wohl nicht mehr gereicht. Egal.
Soul-Diva aus dem Baselbiet
Bevor das Spektakel losgeht, werden wir von Moderator Sven Epiney zum Ablauf der Sendung instruiert, die live übertragen wird. Ja nicht aufstehen soll man während der Sendung. Und Applaus kommt auf Anweisung.
Dann geht es endlich los. Begleitet von theatralischer Hintergrundmusik betreten die vier Finalistinnen die Bühne und stimmen an zu einem Medley aus 40 Jahren James-Bond-Titelsongs. Meine Aufmerksamkeit gilt dabei natürlich insbesondere der Baselbieterin und späteren Siegerin des Abends, Nicole Bernegger. Im ersten von insgesamt drei Auftitten performt die Soul-Diva ein Etta-James-Cover, das ihr durchaus gelingt.
Es gelingt ihr sogar so gut, dass Jurorin Stefanie Heinzmann ein derbes «Mist» entfährt, da sie nichts negatives über die Performance sagen könne. Auch der zweite Auftritt, den Nicole Bernegger zusammen mit ihrem Coach Stress bestreitet, vermag das Publikum zu überzeugen. Stampfende Füsse sorgen dafür, dass mir der Notizblock öfter mal aus den Händen gleitet.
Verdiente Gewinnerin
In den kurzen Pausen zwischen den Auftritten wuselt derweil allerlei Fernseh-Personal auf der Bühne herum, baut Requisiten auf- und ab, schminkt Jury und Moderator oder verlegt irgendwelche Kabel. Dann geht es weiter.
Nach etwas mehr als drei Stunden dann endlich die Gewissheit: Nicole Bernegger wurde vom Fernseh-Publikum zur «Voice of Switzerland» gewählt. Der Saal tobt und die Siegerin verschränkt die Hände vor dem Kopf. Verdient hat das füllige Stimmwunder den Sieg auf jeden Fall. Hoffentlich scheint ihr Stern etwas länger, als bei Castingsiegern sonst üblich.