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Die Frauenoase und das Zentrum Selbsthilfe erhalten vom Kanton Basel-Landschaft weiterhin Geld. Der Landrat hat den Kürzungsantrag der Regierung am Donnerstag abgelehnt. Mit der Auflösung der bestehenden Verträge hatte diese jährlich 223'000 Franken einsparen wollen.
«Es ist ein Wunder», entfährt es Kristin Metzner. Und sie schiebt lachend nach: «Und ich glaube eben an Wunder.» Die Geschäftsführerin des Zentrums Selbsthilfe beider Basel hat tatsächlich gut lachen. Zusammen mit der Leiterin der Frauenoase, Elfie Walter, erlebte sie gestern auf der Zuschauertribüne des Landrats eine faustdicke Überraschung: Das Kantonsparlament lehnte die Vorlage der Regierung ab, die Verpflichtungskredite für beide Institutionen 2016 zu kürzen und ab 2017 komplett einzustellen. 46 Landräte stimmten dagegen, 38 dafür und 3 enthielten sich. Damit werden die Leistungsaufträge nicht mittendrin gekündigt – dies war denn auch eines der Hauptargumente gegen die Sparmassnahme. Nun laufen sie im Falle der Frauenoase normal bis 2017 mit jährlich 75 000 Franken und beim Zentrum Selbsthilfe bis 2018 mit 148 000 Franken weiter.
Für den Baselbieter Gesundheitsdirektor Thomas Weber (SVP) bedeutet das, dass er nun an anderer Stelle die 223 000 Franken einsparen muss, will die Regierung ihr letzten Sommer vorgegebenes Entlastungsziel von 194 Millionen Franken erreichen. Wobei: Nicht nur die von Anfang an auf Opposition getrimmte Ratslinke mahnte gestern an, dass dieser Betrag «den Braten nicht feiss gemacht hätte». «Für den Kanton ist das ja kein Riesenbetrag, den beiden Institutionen hilft es aber sehr», sagte auch Myrta Stohler (SVP, Diegten) im Anschluss zur bz. Genau solche bürgerlichen «Abweichler» wie sie waren es letztlich, die den Ausschlag gaben.
Noch beim Budgetpostulat im Dezember stand es 48 zu 38 bei einer Enthaltung zuungunsten der Frauenoase. Nur drei Bürgerliche wollten damals der Institution, die drogenabhängige und obdachlose Prostituierte unterstützt, helfen. Gestern waren es deren 12. Neben Stohler sind dies bei der SVP Caroline Mall, Pascale Uccella und Martin Karrer und bei der FDP Marianne Hollinger, Jürg Vogt und Andrea Kaufmann. Bei der CVP/BDP-Fraktion sprach sich mit Sabrina Corvini, Pascal Ryf, Christine Gorrengourt, Markus Dudler (alle CVP) und Marie-Therese Müller (BDP) gar eine Mehrheit gegen die Sparmassnahme aus. Das gab den Ausschlag, denn SP, Grüne, EVP, GLP und Grüne-Unabhängige stimmten als geschlossener Block gegen die Kürzung.
«Heute war ein Durchbruch, den ich so nicht erwartet hätte», kommentierte Rahel Bänziger (Grüne, Binningen) im Anschluss. In den letzten Wochen sei man aber auch auf bürgerliche Landräte zugegangen, von denen man dachte, sie umstimmen zu können, sagt die Präsidentin der Volkswirtschafts- und Gesundheitskommission. Pascal Ryf (CVP, Oberwil) bestätigt gegenüber der bz: «Bei uns hat ein Umdenken stattgefunden. Sparen ist wichtig, doch hier hätte man es bei den Schwächsten der Gesellschaft getan.» Innerhalb der CVP sei es deshalb zu einer Wertediskussion gekommen. Auch dass Kürzungen im Präventionsbereich höhere Folgekosten wegen mehr stationären Klinikaufenthalten mit sich bringen können, überzeugte als Argument.
Just die drei «ranghöchsten» CVP-Landräte, Landratspräsident Franz Meyer, Fraktionspräsident Felix Keller und Parteipräsident Marc Scherrer, sprachen sich dabei für das Sparen aus. «Auch als Parteipräsident sage ich nie anderen, wie sie stimmen sollen», sagt Scherrer im Anschluss. Das Nein gelte es zu akzeptieren. Er sei allerdings schon davon ausgegangen, dass die Sparmassnahme angenommen werde. Scherrer selbst geriet während der Debatte arg unter Beschuss von Links.
Dies, nachdem er sich dazu hatte hinreissen lassen, der SP vorzuwerfen, das drohende Referendum der beiden Institutionen zum Wahlkampf zu missbrauchen. «Euch geht es nicht um die Sache», monierte er. Denn sonst müsste man seinen Kompromiss-Antrag unterstützen, der dem Zentrum Selbsthilfe 100 000 Franken zugestehen wollte, der Frauenoase wegen zu hoher Pro-Kopf-Kosten aber nichts. «Marc, was geht in deinem Hirn vor, wenn Du glaubst, wir betreiben Parteipolitik auf dem Buckel der Betroffenen?», entfuhr es etwa Regula Meschberger (SP, Birsfelden). Am Ende musste gar Landratspräsident Meyer zu gegenseitigem Respekt aufrufen.
Das Referendum müssen Elfie Walter und Kristin Metzner nun nicht mehr ergreifen. «Das ist eine totale Erleichterung, denn es wäre nochmals ein Kraftakt mehr gewesen, gerade für zwei kleine Institutionen wie wir es sind», sagt Walter.