ZAK-Affäre
Gegen den eigenen «Chef» ermitteln? Lieber nicht, sagt Baselbieter Staatsanwaltschaft

Regierungsrat Thomas Weber steht unter Verdacht, eine Strafanzeige zurückbehalten zu haben. Das wäre ein Fall für die Baselbieter Staatsanwaltschaft – doch sie hat selber ein Problem: mit der Befangenheit.

Benjamin Wieland
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Die Baselbieter Staatsanwaltschaft stellt den Antrag, dass jemand Externes gegen Regierungsrat Thomas Weber ermittelt.

Die Baselbieter Staatsanwaltschaft stellt den Antrag, dass jemand Externes gegen Regierungsrat Thomas Weber ermittelt.

Martin Toengi

An einen Zufall glaubt hier niemand mehr. Nur eineinhalb Tage nachdem der Begünstigungsverdacht gegen Regierungsrat Thomas Weber den Weg in die Medien gefunden hat, will die Baselbieter Staatsanwaltschaft den Fallkomplex über die ZAK (Zentrale Arbeitsmarktkontrolle) loswerden. In einer gestern Vormittag verschickten Medienmitteilung schreibt die Stawa, es könnte der Anschein der Befangenheit bestehen. Das habe damit zu tun, dass sie möglicherweise ein Verfahren gegen weitere Personen eröffnen müsse – eine dieser Personen ist offensichtlich Thomas Weber. Es steht der Vorwurf der Begünstigung im Raum.

Verständlich, dass die Stawa nicht gegen einen Regierungsrat ermitteln will, handelt es sich dabei doch um einen ihrer obersten Chefs. Die Baselbieter Regierung übt die Aufsicht über die Stawa aus. Die schreibt in ihrer Medienmitteilung, sie habe «beim zuständigen Kantonsgericht einen Antrag auf Ausstand gestellt.» Wahrscheinlich wird eine ausserkantonale Behörde die Ermittlungen im Fallkomplex ZAK weiterführen.

«Freisprüche» im ZAK-Streit

Im Trubel der Ereignisse der vergangenen drei Tage geht ein eminent wichtiger Punkt im Communiqué der Stawa unter: Es kam zu zwei «Freisprüchen». In gerade mal zwei Sätzen erwähnt die Stawa, die beiden Strafverfahren gegen Unbekannt wegen ungetreuer Geschäftsführung zum Nachteil der ZAK und wegen Betrugs zum Nachteil des Kantons seien eingestellt worden. Begründung: Beide Straftatbestände seien «nicht erfüllt». Man habe zwar zahlreiche Unregelmässigkeiten festgestellt, hält die Stawa fest. Doch es fehle die Arglist. Der Arbeitsmarktkontrolle wurde vorgeworfen, sie habe 2014 Kontrollen auf Baustellen vorgetäuscht und mit diesen Tricksereien von Kanton und Bund Gelder für Leistungen erschwindelt, die nie erbracht worden seien.

Ein anderer Absatz in der am Mittwoch verschickten Medienmitteilung ist ebenso bemerkenswert. Die Stawa schreibt, im Laufe der Untersuchungen zu den zwei eingestellten Verfahren seien Erkenntnisse gewonnen worden, die zu zwei weiteren Verfahren geführt hätten. Betroffen seien zwei Mitarbeitende des Kantons. Dabei handelt es sich unter anderem um den Leiter des Kantonalen Amtes für Industrie, Gewerbe und Arbeit (Kiga) Thomas Keller.

Delikat: Das Kiga war es, welches das Gutachten ausarbeiten liess, das nun Thomas Weber politisch schaden könnte. Das Amt verfasste einen 50-seitigen Bericht zum Rechtsstreit um Gesamtarbeitsverträge (GAV) im Maler- und Gipsergewerbe. Das Gutachten ist vertraulich. Trotzdem wurde kolportiert, es stelle eindeutig fest, dass Strafwürdigkeit bestehe. Weber jedoch soll mit einer Strafanzeige gezögert und die möglichen Betroffenen, die Gewerkschaft Unia und die Wirtschaftskammer Baselland, gewarnt haben. Weber dementiert die Vorwürfe.

Grotesk werden die Vorgänge der vergangenen Tage mit Blick auf die Abhängigkeiten. Das Kiga ist der Volkswirtschafts- und Gesundheitsdirektion (VGD) angegliedert – der Direktion, der Weber vorsteht. An der Medienkonferenz von Mittwochvormittag in Liestal liess der SVP-Magistrat durchblicken, dass er an der Expertise des Kiga zweifelt: Weber sagte, die Beurteilungen des Amts seien «zumindest infrage zu stellen».