Biel-Benken
Hochwasserschutz erleidet Schiffbruch

Die Biel-Benkemer haben bereits so viele Projekte zur Bändigung des Birsig verworfen, dass dem Kanton die Ideen ausgegangen sind.

Michel Ecklin
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2007 verursachte das Hochwasser am Birsig einen Schaden von zwei Millionen Franken.

2007 verursachte das Hochwasser am Birsig einen Schaden von zwei Millionen Franken.

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Eigentlich hätte die Baselbieter Regierung den gesetzlichen Auftrag, im ganzen Kanton für Hochwasserschutz zu sorgen. In Biel-Benken wäre das auch dringend nötig, denn dort trat der Birsig in den vergangenen Jahrzehnten immer wieder aus seinem Bachbett, teilweise mit millionenschweren Schäden. Doch ausgerechnet die Biel-Benkemer sind in Sachen Hochwasserschutz seit Jahren so rebellisch wie keine andere Baselbieter Gemeinde. Der vorläufig letzte Akt dieses Dramas spielte sich vorgestern an der Gemeindeversammlung ab. Die über 200 Biel-Benkemer Stimmberechtigten blockten die letzte Lösung ab, die der Kanton für umsetzbar hielt: den Birsig in ein meterhohes Betonkorsett zu zwängen. Die betroffenen Anwohner befürchteten, die Mauer werde den Benkemer Dorfkern verschandeln.

Auf eigene Faust wars der Gemeinde zu teuer

Die Kritiker haben sich in der IGBirsig zusammengeschlossen und fordern seit Monaten, dass die verschiedenen Varianten gleichzeitig und gleichwertig zur Beurteilung sauber nebeneinander gestellt werden. Das liegt aber nicht etwa daran, dass im Dorf und im kantonalen Tiefbauamt nicht bereits zahlreiche Varianten durchdiskutiert worden wären. Weil die Planer in Liestal ahnten, dass ein Bachausbau innerhalb des Dorfs auf wenig Gegenliebe stossen würden, schlugen sie 2013 eine Lösung oberhalb der Siedlung vor. Dort sollten Dämme ein grosses Rückhaltebecken bilden. Die Landbesitzer im vom Becken auch tangierten Nachbardorf Leymen (F) waren einverstanden – aber nicht diejenigen in Biel-Benken. Sie brachten die Gemeindeversammlung 2014 dazu, das Projekt bachab zu schicken. Dafür erhielt der Gemeinderat den Auftrag, auf eigene Faust für Hochwasserschutz zu sorgen.

Doch das erwies sich als nicht finanzierbar, und der Schutz vor Hochwasser wäre ungenügend geblieben. Darauf wandte sich die Gemeinde wieder an den Kanton, der das jetzt verworfene Betonmauer-Projekt erarbeitete – als einzige noch denkbare Lösung, wie Baudirektor Isaac Reber (Grüne) vorgestern erläuterte. «Hochwasserschutz ohne Eingriffe gibt es nicht», sagte er vor der Gemeindeversammlung. Auch der Gemeinderat plädierte dafür, das Betonmauerprojekt umzusetzen. «Biel-Benken war noch nie so nahe an einem Hochwasserschutz», sagte Gemeindepräsident Peter Burch. Stattdessen setzte sich aber die IG Birsig mit ihrem Vorstoss durch: Der Gemeinderat ist jetzt dazu verknurrt, nach besseren Lösungen für den Hochwasserschutz suchen, die das Ortsbild schonen.

Der Kanton überlässt die Verantwortung der Gemeinde

Die IG Birsig setzt dabei ihre Hoffnungen wie bis anhin in eine Vertiefung des Bachbetts des Birsig. Den Kritikern schwebt zudem der individuelle Schutz von Gebäuden vor, die hochwassergefährdet sind. Beides ist aber für den Kanton nicht sinnvoll, wie Reber erklärte. Und auch Gemeindepräsident Burch sagt: «Ich habe keine Ahnung, wie eine Alternative aussehen könnte.»

Dabei sieht es nicht danach aus, als werde der Kanton dem Biel-Benkemer Gemeinderat die Arbeit abnehmen und bei der Suche nach neuen Lösungen unterstützen. «Der Ball liegt jetzt bei der Gemeinde», stellt Reber klar. «Ich habe nichts dagegen, wenn sie eine neue Variante findet.» Sicher ist: Der Tag, an dem Biel-Benken vor Hochwasser geschützt ist, ist diese Woche ein Stück weiter in die Ferne gerückt.