Inmitten von Birsfelden sollen die heutigen Wiesen und Teerflächen zu einem neuen Stadtquartier werden. Das hat die Gemeindeversammlung am Montag deutlich beschlossen. Das letzte Wort hat aber wohl das Volk an der Urne.
Vor rund zehn Jahren schien es in Birsfelden unmöglich, Mehrheiten für Bauprojekte zu finden. Die Politik war zerstritten, Argumente liess man nur deshalb nicht gelten, weil sie vom Gegner kamen. Trotz offensichtlicher Probleme – Stichwort «strukturschwache Gemeinde» – drohte eine Planungsblockade. Unter anderem scheiterten mehrere Anläufe, das Zentrum der Gemeinde neu zu gestalten. Dabei ist das seit Mitte der 1950er-Jahre ein Thema.
Am Montagabend zeigte sich ein ganz anderes Bild: Mit einem deutlichen Zweidrittelsmehr segnete die Gemeindeversammlung die vollständige Umgestaltung der Mitte Birsfeldens. Voran ging eine stundenlange Diskussion ohne jegliche Gehässigkeiten oder persönliche Vorwürfe, nur mit sachlichen Argumenten. Dabei handelt es sich um ein Jahrhundertprojekt, das die Gemeinde «für Generationen ändern wird», wie mehrere Redner sagten.
Denn das Zentrum Birsfelden soll grossräumig bebaut werden, eine Fläche von rund vier Fussballfeldern, die heute mehrheitlich aus Rasen- und Teerflächen besteht. Die Pläne sehen 200 Wohnungen vor, die zu 80 Prozent von gemeinnützigen Bauträgern erstellt werden, was für einen Bewohnermix und Belebung sorgen soll. Es soll eine städtische Situation mit Gassen, Plätzen und hohen Bauten entstehen. Die Kritiker möchten weniger Dichte, dafür mehr Freiraum behalten, das brachten sie im Vorfeld und auch an der Gemeindeversammlung zum Ausdruck.
Dabei ist die Idee der Planer, dass es zwar weniger Grün- und Freiraum als heute geben wird, dafür qualitativ hochwertigeren. Umgesetzt soll das mit einem Quartierplan, der den Bauherren zahlreiche Vorschriften auferlegt, etwa punkto Artenvielfalt der Begrünung. Finanziell soll für das finanziell chronisch klamme Birsfelden ein Gewinn herausschauen, in Form von Steuereinnahmen und Baurechtzinsen.
Eine Mehrheit der 350 Anwesenden in der Turnhalle vertraute dem Gemeinderat, dass dieser Deal funktioniert. Mit der deutlichen Zusage der Gemeindeversammlung kommt ein Planungsprozess in die Zielgerade, der 2013 begonnen und in dem die Bevölkerung einige Mitwirkungsmöglichkeiten hatte.
Eine letzte Hürde muss das Jahrhundertprojekt Zentrum allerdings noch nehmen. Denn wie erwartet ergreifen die Gegner das Referendum. Hans-Peter Moser vom «Komitee für ein grünes Zentrum» begründet das so: «Es ist bei einem so grossen Projekt wichtig, dass nicht nur fünf Prozent der Stimmberechtigten an der Gemeindeversammlung entscheiden. Es braucht einen soliden demokratischen Entscheid.» Für das Zustandekommen eines Referendums sind in Birsfelden 500 Unterschriften nötig.
Laut dem Gemeinderat, der das Referendum bereits eingeplant hat, ist der Urnengang im Mai 2022. Sagt das Stimmvolk Ja, dürfte die Birsfelder Entwicklungsblockade endgültig gelöst sein. Denn das neue Zentrum ist das bedeutendste in einer Reihe von Bauprojekten, mit denen sich die Gemeinde ein neues Gesicht geben will. Bereits abgesegnet hat die Gemeindeversammlung einem Wohnturm an der Birseckstrasse. Ein zusätzliches Hochhaus ist beim Birssteg geplant, neben weiteren privaten Wohnprojekten im ganzen Gemeindegebiet.