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Die Regierungspräsidentinnen und -präsidenten von Baselland, Basel-Stadt, Aargau, Solothurn und Jura sind am Montagvormittag in Liestal gemeinsam vor die Medien getreten.
Er hätte sich die Frage am Ende der Diskussion gewünscht, antwortete der Baselbieter Regierungsrat Anton Lauber. Ob das öffentliche Bekenntnis seines SVP-Regierungskollegen Thomas Weber zur Begrenzungsinitiative einen Verstoss gegen das Kollegialitätsprinzip darstelle, wurde Lauber gefragt. Der CVP-Finanzdirektor verwies auf den jüngst gefällten Regierungsbeschluss, in dem es Weber freigestellt wurde, auf Anfrage seine Meinung zur SVP-Initiative zu äussern. Die Baselbieter Regierung dagegen lehnt die Begrenzungsinitiative ab, verzichtet aber, wie üblich vor nationalen Vorlagen, auf eine offizielle Abstimmungsparole.
Mit solchen Feinheiten müssen sich die Regierungen der anderen Nordwestschweizer Kantone im Vorfeld der kapitalen Abstimmung vom 27. September nicht herumschlagen. Die Regierungsräte von Aargau, Solothurn, Basel-Stadt und Jura vertreten nach aussen geschlossen die Nein-Parole. Dies bestätigten Urs Hofmann (Aargau), Birgit Wyss (Solothurn), Elisabeth Ackermann (Basel-Stadt) und Jacques Gerber (Jura) am Montag an einer gemeinsamen Medienkonferenz im Regierungsgebäude in Liestal. Erst zum zweiten Mal nach der Masseneinwanderungsinitiative traten die Mitglieder der Nordwestschweizer Regierungskonferenz vor einer Volksabstimmung gemeinsam vor die Medien.
Was die fünf Magistraten dabei antrieb, ist die Angst vor den möglichen Folgen einer Annahme der Begrenzungsinitiative. Mit ihrem gemeinsamen Eingreifen in den Abstimmungskampf wollen die fünf Kantonsregierungen die Schäden abwenden, welche dieser «mutwillige Angriff», so Basels Regierungspräsidentin Elisabeth Ackermann, auf den Wohlstand und die bisherigen Freiheiten im Wirtschaftsstandort Nordwestschweiz anrichten könnte. In kurzen Statements hoben die fünf Regierungs- und Konferenzmitglieder die für ihre Kantone wesentlichen Punkte im Nein-Argumentarium hervor; wobei es durchaus zu gewissen Wiederholungen kam.
Die bei einer Annahme wohl unvermeidliche Anwendung der Guillotine-Klausel der Bilateralen I würde neben dem Freizügigkeits- auch alle fünf Marktzugangs- und das Forschungsabkommen mit der EU ausser Kraft setzen. Der jetzt vertraglich festgesetzte Wegfall technischer Handelshemmnisse stellt für die Nordwestschweizer Wirtschaft einen Gegenwert von rund 2 Milliarden Franken dar, der etwa bei der erleichterten Zulassung von Pharma- und Medizinaltechnikprodukten im EU-Markt entscheidend für die Wettbewerbsfähigkeit ist.
Die Grenzschliessungen zu Beginn der Coronakrise haben die Bedeutung des offenen Pendlerverkehrs vor Augen geführt. Die Wiedereinführung eines Kontingentsystems würde den Fachkräftemangel, gemäss Umfragen eine der grössten Sorgen der Unternehmen, verstärken. Mit der Kündigung der Personenfreizügigkeit fielen zudem die flankierenden Massnahmen und somit der Schutz vor Sozial- und Lohndumping weg.
Beim Wegfall der Bilateralen I würden bestimmt auch Abkommen wie Schengen und Dublin infrage gestellt. Der internationale Datenaustausch und die Polizeizusammenarbeit mit der EU sind aber für die Sicherheit der Grenzkantone entscheidende Instrumente bei der Bekämpfung der Kriminalität.
Für den Forschungs- und Innovationsstandort Nordwestschweiz und besonders die Universität Basel würde die mutwillige Abkoppelung von den milliardenschweren EU-Forschungsprogrammen, etwa Horizon Europe, ein schweres Handicap bedeuten – dies mit direkten Auswirkungen sowohl auf KMU wie auch Hochschulen.
Ein Kontingentsystem anstelle der bisherigen Personenfreizügigkeit sei gleichbedeutend mit einem erheblichen Mehraufwand für die Unternehmen. Der grosse administrative Mehraufwand bei Anstellungen von Ausländern würde die gesamte Volkswirtschaft belasten. Gerade wegen Corona brauche die Wirtschaft jetzt vor allem Stabilität.
In der Ablehnung der Begrenzungsinitiative sind sich die fünf Nordwestschweizer Kantonsregierungen also weitestgehend einig und ihre Gegenargumente , wenn nicht überraschend, so breit gefächert. Was aber den sonst zu tun sei, um das Bevölkerungswachstum in der Schweiz einzudämmen, wurden die fünf Regierungsvorsitzenden zuletzt noch gefragt. Der Aargauer Volkswirtschaftsdirektor Urs Hofmann antwortete mit einem Vergleich.
In Kanada etwa, das die Einwanderung mit einem Punktesystem steuert, sei der Anteil Arbeitsloser, die nach kurzer Zeit im Land in die Sozialhilfe fielen, ungleich höher als in der Schweiz. Die Mechanismen gezielter Anstellung ausländischer Fachkräfte via Personenfreizügigkeit würden bei uns dagegen zu einer Anstellungsquote von 80 Prozent führen. Die Schweiz könne jetzt jene Arbeitnehmerinnen und -nehmer holen, die sie wirklich wolle und die sie wegen der Auswirkungen des Pillenknicks auch künftig noch brauche: «Jene Menschen, die zu uns kommen, haben auch Arbeit.»
Auch Anton Lauber betonte, die Baselbieter Regierung habe in diesem Sinn keine Obergrenze für die Zuwanderung aufgestellt. Es sei aber der Auftrag, das hohe Wohlstandsniveau in der Nordwestschweiz zu halten. Und das könne vorerst nur gewährleistet werden, indem die gefährliche Begrenzungsinitiative abgelehnt wird.