Die drohende Degradierung von «Grenzgänger»-Wein aus dem Leimental will die Regierung mit leichten Anpassungen an den Etiketten umgehen. Wie diese Lösung aussehen soll, ist für die betroffenen Winzer unklar.
Ein kurioser Rechtsstreit rund um die korrekte Anschrift von Wein-Etiketten beschäftigt die Winzer im Leimental seit Jahren: Weil sie für ihren Wein teilweise Rebgut aus dem grenznahen Ausland verwenden, hat das kantonale Amt für Lebensmittelsicherheit und Veterinärwesen (ALV) verfügt, dass die Etiketten abgeändert werden müssen. Besonders betroffen ist der Biel-Benkemer Christian Jäggi. Sein Wein mit Trauben aus dem benachbarten Leymen (F), der «Grenzgänger» heisst, ist mit dem Jahrgang, der Sorte (Pinot Noir) und der Lage bezeichnet. Laut ALV ist dies aber illegal. Nach dem strengen Buchstaben des Gesetzes müsste Jäggi den «Grenzgänger» so etikettieren: «Rotwein hergestellt in der Schweiz aus französischen Trauben». Damit würden Jäggis Qualitätstropfen und andere Leimentaler Weine allerdings zu billigem Fusel degradiert.
Dagegen wehren sich nicht nur die betroffenen Winzer – auch die Baselbieter Regierung will das nicht. Es sei schwierig zu verstehen, weshalb die bisher praktizierte Etikettierung beanstandet werden musste; schliesslich seien die Konsumenten bestens informiert gewesen, schreibt die Regierung in ihrem Bericht zu einem Vorstoss von CVP-Landrat Pascal Ryf. Sie fordert, dass ein Verkauf der Weine und anderer Lebensmittel aus dem grenznahen Ausland möglich sein soll – schliesslich hat das Bauern über die Landesgrenze hinaus im Leimental eine lange Tradition und funktionierte jahrzehntelang ohne Probleme. Doch wie das künftig unter Einhaltung der Gesetze möglich sein soll, bleibt unklar. Rechtlich sind der Baselbieter Regierung die Hände gebunden; auf den Paragrafen-Dschungel auf Bundesebene zur Herkunftsbezeichnung von landwirtschaftlichen Produkten hat sie kaum Einfluss.
Interessant ist, dass Winzer aus dem Kanton Genf, die im benachbarten Savoyen Reben anpflanzen, ihren Wein unter einer geschützten Genfer Herkunftsbezeichnung verkaufen dürfen. Möglich machts ein internationales Abkommen. Ein solches dürfte im Fall der Baselbieter und Solothurner Rebbauern, die im grenznahen Elsass wirtschaften, aber kaum zustande kommen. Wegen der kleinen Rebfläche von nur drei Hektaren bestehe beim Bund kaum ein Interesse an Verhandlungen, argumentiert die Regierung.
Mit anderen Worten: Es wird kaum möglich sein, die bisherige Etikettierung der Leimentaler Weine mit Rebgut aus dem Ausland gesetzlich wasserdicht abzusichern. Die Regierung weist allerdings auf Ermessensspielräume hin; es liege am Kanton zu entscheiden, welche Bezeichnung noch zulässig sei und welche nicht. Auch betont sie, dass die kantonalen Ämter in Gesprächen mit dem «hauptbetroffenen Winzer» – gemeint ist Christian Jäggi – eine Lösung gefunden haben, die auch künftig eine Bezeichnung der Weine als Qualitätsprodukte ermöglicht. Dazu müssten gewisse Anpassungen an den Etiketten vorgenommen werden, heisst es.
Christian Jäggi äussert sich auf Anfrage weniger optimistisch: «Mir ist nicht klar, worin genau diese Lösung bestehen soll.» Er sei bereit, die Etikettierung seines «Grenzgänger»-Weins anzupassen, betont er. Auf die Herkunftsbezeichnung (Leymen) könnte er halbwegs verzichten. Doch die Sortenbezeichnung sei von elementarer Bedeutung. «Ich verwende für den Wein die besten Pinot-Noir-Trauben aus unserem Betrieb.
Ohne Sortenbezeichnung gilt der ‹Grenzgänger› auf dem Markt als Kochwein.» Ähnlich problematisch wäre es, müsste er auf der Etikette den Jahrgang weglassen. Offensichtlich besteht zwischen Kanton und den Winzern noch Gesprächsbedarf. Dennoch beantragt die Regierung dem Landrat, den Vorstoss von Ryf, der sich gegen die Degradierung des Leimentaler Weines wehrt, abzuschreiben.