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Adil Koller spricht offen über die Gründe, weshalb er im Herbst als Präsident der Baselbieter SP zurücktritt: «Diese Pace kann man nicht unbegrenzt halten», sagt der 26-Jährige. Bereits bringen sich Samira Marti und Miriam Locher in Stellung.
Fest im Sattel sitzend und nach einem erfolgreichen Wahljahr 2019 hat Adil Koller am Donnerstagabend seinen Rücktritt als Präsident der Baselbieter SP angekündigt. Im Oktober gibt er das Amt ab und politisiert nur noch im Landrat. Der «Schweiz am Wochenende» steht der 26-Jährige tags darauf Red und Antwort.
Adil Koller, warum treten Sie im Herbst zurück?
Adil Koller: Ich werde dann fünfeinhalb Jahre Präsident der SP Baselland gewesen sein. In fünf Wahlkämpfen habe ich jeweils 200 Prozent gegeben. Nun ist es für mich einfach Zeit, das Amt in neue Hände zu geben.
Hand aufs Herz: Sind bei Ihnen die Batterien leer?
Nein, ich habe immer noch dieselbe Leidenschaft und Freude an sozialdemokratischer Politik. Aber wir hatten im Team alle Kraft und Energie auf ein Ziel gebündelt: Am 31. März 2019 stärkste Partei im Kanton zu werden und es zurück in die Regierung zu schaffen. Als uns das tatsächlich gelang, musste ich mir überlegen, ob ich in vier Jahren nochmals mit derselben Motivation die gleiche Aufgabe im gleichen Amt anpacken kann.
Also hatten Sie Zweifel.
Ich war mir nicht mehr sicher, ob ich nochmals diese 200 Prozent bringen könnte. Darum entschied ich, mein Amt geordnet weiterzugeben und es im Januar bekannt zu geben, obwohl ich erst im Oktober gehe.
Nachfolge Adil Koller gibt das Präsidium der SP Baselland zwar erst im Oktober ab, doch bereits am Tag Eins nach seiner Ankündigung bringen sich die ersten Interessentinnen für die Nachfolge in Stellung. Auf Anfrage der «Schweiz am Wochenende» sagen sowohl Vizepräsidentin und Nationalrätin Samira Marti wie auch Landrats-Fraktionschefin Miriam Locher, dass sie sich eine Kandidatur überlegen werden.
«Das Parteipräsidium ist ein tolles Amt», sagt Marti und verweist darauf, dass sie sich in den vergangenen zwei Jahren als eine von zwei Vizepräsidentinnen bereits für die Kantonalpartei engagiert habe. Die 25-jährige Liestalerin gibt sich auch zuversichtlich, dass das Präsidium neben ihrem Nationalratsmandat zu stemmen wäre: «Das ist machbar», sagt sie.
Etwas defensiver gibt sich Locher: «Ich sage sicher nicht schon jetzt Nein», hält sie fest. «Das Präsidium wäre ein möglicher nächster Schritt.» Dass Adil Koller, der wie Locher in Münchenstein wohnt, in ihr eine «hervorragende Parteipräsidentin» sehen würde (siehe Interview links), freut sie. Die 37-Jährige Kindergärtnerin sagt aber auch, dass sie auf der Nationalratsliste Erstnachrückende ist. Das müsse man auch in eine Entscheidung miteinbeziehen.
Bereits eine Absage erteilt die zweite SP-Vizepräsidentin Caroline Rietschi. «Es ist eher Zeit für eine jüngere Generation», meint die 54-Jährige. Ausserdem habe sie zu wenig Zeit für ein weiteres Amt. Ähnlich argumentiert Urs Kaufmann. Der 58-jährige Landrat fände es «super, wenn eine jüngere Frau gewählt würde». Er möchte zwar eine eigene Kandidatur nicht vollends ausschliessen, sagt aber klar, dass dies für ihn keine Priorität habe.
Kaufmann wäre für SP-Urgestein Hannes Schweizer sogar erste Wahl. Zu seinen eigenen Ambitionen hält der 67-Jährige dagegen trocken fest: «Das gäbe höchstens noch ein gutes Fasnachtssujet.» (mni)
Fällt auch eine Last ab, da das Präsidium grosse Verantwortung mit sich brachte?
Das sehen wir dann im Herbst. Ich war erst 21 Jahre jung, als ich das Amt 2015 übernommen habe. Es hat mich geprägt wie nur Weniges und gehörte jetzt lange zu mir. Ich weiss gar nicht mehr, wie es ist, am Morgen aufzuwachen und diese Verantwortung nicht mehr zu haben. (lacht) Ich habe mich mit meiner ganzen Begeisterung dieser Aufgabe gewidmet, doch diese Pace kann man nicht unbegrenzt halten.
Haben Sie einen Wunschnachfolger/-nachfolgerin?
Jemand, der es mit derselben Leidenschaft macht wie das aktuelle Parteipräsidium. Da gibt es bei uns viele, die infrage kommen. Ich mache mir keine Sorgen, zumal noch ein Dreivierteljahr Zeit bleibt. So ist die Nachfolge auch nicht eine Mauschelei und alle können sich einbringen.
Muss Ihre Nachfolgerin eine Frau sein?
Wir haben zwei Vizepräsidentinnen, eine Regierungsrätin, eine Fraktionspräsidentin im Landrat und eine Nationalrätin. Es gibt ein tolles Gleichgewicht zwischen Männern und Frauen. Das Geschlecht wird nur eines von mehreren Kriterien sein. Ich freue mich über Kandidaturen von Frauen wie von Männern, ob jung oder älter.
Ist es wichtig, dass der Präsident im Landrat sitzt?
Idealerweise ist mindestens jemand aus dem Präsidium Teil der Landratsfraktion. Das ist wichtig für ein kohärentes Auftreten von Partei und Fraktion. Dank den Qualitäten von Fraktionschefin Miriam Locher als Leaderin funktioniert dies aktuell sehr gut.
Das klingt wie eine Empfehlung fürs Parteipräsidium.
Miriam Locher wäre auf jeden Fall eine hervorragende Parteipräsidentin. Aber es gibt diverse andere Leute, die dafür infrage kommen (siehe auch Spalte links). Weitere Namen nenne ich Ihnen aber keine. (lacht)
Kurz und knapp: Welches waren Ihre drei wichtigsten Erfolge als Präsident?
Erstens, dass wir nach Jahrzehnten des Mitgliederschwunds in den vergangenen fünf Jahren stetig zugelegt haben. Zweitens, dass wir dank einer unglaublichen Mobilisierung bei den Landratswahlen stärkste Kraft geworden sind. Und drittens natürlich, dass wir es mit Kathrin Schweizer zurück in die Regierung geschafft haben.
Die drei grössten Niederlagen?
Erstens, dass wir in finanzpolitischen Fragen wie der Steuervorlage 17 nicht gewinnen konnten. Zweitens, dass wir mit der Prämieninitiative knapp gescheitert sind. Allerdings gab es dadurch immerhin einen Gegenvorschlag mit Verbesserungen. Der dritte Misserfolg schmerzte sehr: Die Nichtwahl von Nationalrat Eric Nussbaumer in den Ständerat. Das ging mir nahe, da Eric mich immer sehr unterstützte. Es ist aber dennoch nur eine halbe Niederlage, da mit Maya Graf der Sitz auf der linken Seite gehalten werden konnte.
Sie bleiben Landrat. Sind damit Ihre politischen Ambitionen erschöpft?
Ich habe eine grosse Leidenschaft für die Politik und es ist ein Privileg, so jung schon so viel Verantwortung zu übernehmen. Ich möchte mich weiter einbringen. Ob ich in den nächsten Jahren für ein anderes Amt kandidiere, weiss ich nicht.
Wie wäre es mit einer Regierungskandidatur, um für die SP den zweiten Sitz zu holen?
Es war eine gute Zeit für das Baselbiet, als die SP mit Peter Schmid und Edi Belser doppelt in der Regierung vertreten war. Grundsätzlich arbeite ich gerne im Team, um konkrete Projekte umzusetzen, wie ich es im Parteipräsidium getan habe. Ob ich einmal für die Regierung oder den Gemeinderat kandidiere, kann ich jetzt allerdings wirklich noch nicht sagen.