Klimawandel
Nicht alles ist schlecht: Die Dürre hat auch ihre guten Seiten

Der Klimawandel kann die Artenvielfalt in den Baselbieter Wäldern begünstigen – falls die Waldeigentümer dies gezielt fördern.

Michel Ecklin
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Gerhard Walser/zvg
(...) und der Alpenbock, der erst seit dem Klimawandel in der Region vorkommt.

(...) und der Alpenbock, der erst seit dem Klimawandel in der Region vorkommt.

Gerhard Walser/zvg

Anhaltende Wärme und Trockenheit haben auch positive Seiten: Dadurch sterben im Wald mehr Bäume. Und liegen gelassenes Totholz ist ein Paradies für Lebewesen aller Art. «Stirbt ein Baum, holt ihn sich die Natur als Lebensraum», sagt Philipp Schoch, Präsident des Waldeigentümerverbands Wald beider Basel. «Der Begriff Totholz ist irreführend, es lebt darin fast mehr als in einem lebenden Baum.» So können in einem absterbenden Stamm bis zu 1500 Pilzsorten und 1400 verschiedene Käferarten leben. So fördert der Klimawandel die Artenvielfalt, während sie gesamtschweizerisch abnimmt.

Diesen Umstand macht sich die Burgerkorporation in Liesberg zunutze. Dort räumt man den Wald schon lange nicht mehr auf, wie das vor einigen Jahrzehnten fast überall in der Schweiz der Fall war. Stattdessen lässt man wenn immer möglich Stämme und Äste liegen.

So hat der Revierförster Thierstein West/Laufental, Gerhard Walser, in den vergangenen Jahren den Alpenbock beobachtet, einen leuchtend blauen Käfer, der bisher nicht in den Baselbieter Wäldern vorkam. «Wir haben dafür bewusst Buchenstämme stehen lassen», sagt er. Auch der Abendsegler, eine Fledermaus, fühlt sich vermehrt im Liesberger Wald wohl.

In abgelegenen Wäldern ist es einfacher

Die zunehmende Trockenheit macht es zudem möglich, das «Baumportfolio» zu vergrössern, also die Anzahl Baumarten. Während der ehemalige «Brotbaum», die hitzeempfindliche Fichte, verschwindet, kann der Förster gezielt Arten nachwachsen lassen, die in unseren Wäldern selten sind. So gibt es in Liesberg vermehrt Linden oder Spitzahorne, die wiederum speziell an sie angepasste Tiere und Pflanzen anziehen – ein Plus für die Biodiversität.

Klar ist, dass sich der Klimawandel nicht überall gleich nutzen lässt. In den ausgedehnten Wäldern im Laufental sind kaum Spaziergänger unterwegs, die Förster können mit gutem Gewissen mal einen ausgetrockneten Baum mit dürren Ästen an einem Wegrand stehen lassen. In einem stark frequentierten Erholungswald wie der Hard oder dem Allschwiler Wald ist viel mehr Rücksicht nötig.

Biodiversität fördern bedeutet Mehraufwand

Nicht bei allen Waldbesitzern im Kanton ist die Bereitschaft da, den Mehraufwand zu betreiben, um die Biodiversität zu fördern. In Liesberg werden derzeit 45 Prozent der Waldfläche naturnah bewirtschaftet. Die Totholzmenge beträgt 30 bis 50 Kubikmeter pro Hektar Wald, gegenüber 20 Kubikmeter im Baselbieter Durchschnitt.

Andernorts im Kanton legen die Waldbesitzer den Wert weniger auf Biodiversität, wie Schoch erklärt. «Es gibt so viele Anforderungen an den Wald», sagt er. «Dabei ist Naturschutz, verbunden mit Holznutzung, nicht die schlechteste Bewirtschaftungsform für den Wald.» Gefördert wird diese Haltung auch dadurch, dass sich das Herausnehmen einzelner Bäume meist wirtschaftlich nicht lohnt, wegen der tiefen Holzpreise.

Artenvielfalt verschlechtert sich weiterhin

Eine nicht unwichtige Rolle spielt der Austausch mit den Akteuren in der offenen Landschaft. Man versuche, die Direktzahlungen für ökologische Landwirtschaft mit den Anstrengungen für mehr Biodiversität im Wald zu koordinieren, sagt Raphael Häner, Geschäftsführer von Wald beider Basel.

So positiv der Klimawandel die Biodiversität in den Wäldern beeinflussen kann: Den negativen Trend über die ganze Landschaft gesehen kann man dort nicht ausgleichen, wie Schoch betont: «So weit sind wir leider noch nicht.»