Abstimmung
Obwohl es keine Gegner gibt, müssen die Reinacher an die Urne

Dieses Wochenende entscheidet das Reinacher Stimmvolk über eine Bereinigung der Gemeindeverordnung. Konkret geht es darum, Doppelspurigkeiten mit der kantonalen Gesetzgebung abzuschaffen. Gegner der Änderung gibt es jedoch keine.

Michel Ecklin
Drucken
Niemand ist dagegen, dass an der Spitzwaldstrasse in Allschwil ein Kindergarten entsteht – trotzdem braucht es eine Volksabstimmung.

Niemand ist dagegen, dass an der Spitzwaldstrasse in Allschwil ein Kindergarten entsteht – trotzdem braucht es eine Volksabstimmung.

Nicole Nars-Zimmer

Plakate sind in diesen Tagen in Reinach nirgends zu sehen, und auch Leserbriefe gibt es keine. Denn die Änderungen sind reine Formsache. Opposition gab es schon im Einwohnerrat keine, und jetzt fand auch kein Abstimmungskampf statt. Trotzdem muss das Stimmvolk bei einer Änderung der Gemeindeordnung befragt werden. Das fordert das kantonale Gemeindegesetz, und zwar «abschliessend», wie Daniel Schwörer, Leiter der Stabsstelle Gemeinden des Kantons, betont.

Finanzreferenden sind freiwillig

Weil am Wochenende andere Urnengänge anstehen, kostet die unbestrittene Gemeindeabstimmung Reinach einige tausend Franken, sonst wären es über 40 000 Franken. «Wir haben aber keine Möglichkeit, die Abstimmung nicht durchzuführen», erklärt der Reinacher Gemeindepräsident Urs Hintermann (SP).

Anders ist die Lage in Allschwil. Dort stimmt das Volk am Sonntag über den neuen Kindergarten Spitzwald ab. Die Vorlage war im Einwohnerrat unbestritten. Die 4,1 Millionen Franken Bausumme sind aber höher als drei Millionen, was gemäss Gemeindeordnung eine Volksabstimmung erfordert.

Nur: Dieses obligatorische Finanzreferendum hat sich Allschwil freiwillig auferlegt. Deshalb dürfte die Gemeinde auch selber Ausnahmen davon vorsehen. Denkbar wäre eine Regelung, wie sie der Landrat beim Beschluss von Gesetzen kennt. Stimmen mehr als vier Fünftel der Landräte zu, wird das obligatorische Referendum zu einem fakultativen.

Eine interessante Option

Hätte Allschwil eine solche Regelung, hätte man auf die Abstimmung vom Sonntag verzichten können. Doch keine der fünf Baselbieter Gemeinden mit Einwohnerrat hat das Quorum-Modell des Landrats übernommen. Darauf angesprochen, sagt Schwörer: «Es ist das erste Mal in zwanzig Jahren, dass ich von der Idee höre, dass Gemeinden eine solche Regelung einführen könnten.» Er stellt aber auch klar: Hat eine Gemeinde zusätzlich zu den Vorschriften des Kantons Bedingungen für ein obligatorisches Referendum eingeführt, kann sie Ausnahmen zu diesen Bedingungen beschliessen.

Der Allschwiler Einwohnerrats-Präsident Rolf Adam (CVP) sähe es als «eine interessante Option», ein VierFünftel-Quorum wie im Landrat auf Gemeindeebene zu übernehmen. Auch der Reinacher Gemeindepräsident Hintermann zeigt sich gegenüber dieser Idee offen. Doch beide betonen: «Das war bei uns noch nie ein Thema.»

Osteuropa beneidet uns

Kritischer zeigt sich Nic Kaufmann, Leiter Behördendienste in Binningen. «Das Referendum ist ein hohes demokratisches Gut, das dem Souverän Gewicht gibt», sagt er. Als in den 1990er-Jahren in Osteuropa der Demokratisierungsprozess eingesetzt habe, galt das schweizerische System als beispielhaft. Weiter gibt er zu bedenken: «Die Mühlen der Demokratie mahlen manchmal langsam. Das ist mühsam, es schafft aber die nötige Umsicht für die richtigen Entscheide.»