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700'000 Franken kostet die Sanierung der Grundwasserverschmutzung in Pratteln, die durch ein Leck in einer Abwasserleitung bei der Rohner AG verursacht wurde. Das Baselbieter Konkursamt bestätigt, dass diese Kosten am Kanton und damit am Steuerzahler hängen bleiben werden.
Wer die Mitteilung des Kantons liest, könnte meinen, dass sich der Baselbieter Steuerzahler keine Sorgen machen muss. Die Grundwasserverschmutzung, für die das Leck in einer Abwasserleitung bei der Prattler Firma Rohner AG zwischen November 2018 und Februar 2019 gesorgt hat, muss zwar für über 700'000 Franken behoben werden. Doch die Bau- und Umweltschutzdirektion (BUD) hält fest: «Grundsätzlich sind diese Kosten durch den Verursacher zu tragen.» In derselben Mitteilung äussert sich die BUD auch zum Stand der nötigen Altlastensanierung auf dem Rohner-Areal. Die Kosten dafür werden mit rund 1,5 Millionen Franken beziffert. «Aus heutiger Sicht wird sich die öffentliche Hand nicht an diesen Kosten beteiligen müssen», schreibt die Direktion.
Bloss: Die Rohner AG musste Ende Juni Konkurs anmelden, die Liquidation wurde durch das Konkursamt eingeleitet. Schon im August äusserte Konkursamts-Leiter Reto Tschudin in der bz starke Zweifel, dass Zweit- und Drittklass-Gläubiger ihr Geld je wiedersehen: «Ausser den Arbeitnehmern und der Vermieterin Hiag werden wohl keine Gläubiger Geld erhalten», mutmasste er damals. Nun steht fest, dass Tschudin recht hatte. Auf Nachfrage lässt er dieses Mal keinen Deutungsspielraum offen: «Für Drittklassforderungen wird es definitiv keine Dividende geben.» Kantonsforderungen wie für die Sanierung des Grundwassers sind der dritten Klasse zugeordnet. Die Konsequenz ist klar: Der Kanton und damit der Baselbieter Steuerzahler muss die Ausstände von 700'000 Franken berappen.
Mitte November teilten die Baselbieter Bau- und Umweltschutzdirektion sowie die Industriellen Werke Basel (IWB) mit, dass die krebserregende Substanz Ethyldimethylcarbamat im Rheinwasser festgestellt worden sei. Verursacher war die Bayer Schweiz AG. Die IWB stoppten die Rohwasserentnahme zur Trinkwasserproduktion aus dem Rhein und nutzen seither Wasser aus der Wiese. Dies obwohl betont wurde, dass die Grenzwerte in Rhein- oder Trinkwasser nie überschritten worden seien. In der Mitteilung, die auch die bz publizierte, hiess es weiter, dass Bayer erst seit Mitte 2019 diesen Stoff via Abwasser weitergeleitet habe.
Das ist falsch, wie ein aktueller Bericht des «Regionaljournals Basel» von Radio SRF zeigt: Die IWB selbst verglichen den chemischen Fingerabdruck des giftigen Stoffes mit ihrer Datenbank und wurden bis ins Jahr 2004 zurück fündig. Allerdings betonen die IWB, dass in diesen 15 Jahren der Grenzwert von 100 Nanogramm pro Liter nie überschritten worden sei.
Altlasten-Experte Martin Forter kritisierte in einem früheren Beitrag des Radios allerdings bereits, dass der Grenzwert zu hoch sei und gesenkt werden müsse. Schliesslich seien die heutigen Messmethoden viel genauer und das Ziel müsse sein, gar keine Pestizide im Trinkwasser zu tolerieren.
Tschudin ist sich nicht einmal mehr sicher, ob alle ausstehenden Lohnforderungen der ehemaligen Rohner-Angestellten beglichen werden können. «Sie erhalten sicher etwas, aber wohl nicht 100 Prozent.» Anders sieht es bei den 1,5 Millionen Franken für die Altlastensanierung aus: Hier dürfte die Aussage der BUD zutreffen. Denn als Rohner das 32'000 Quadratmeter grosse Areal im Herbst 2018 an die Immobilienfirma Hiag verkaufte, musste die Chemiefirma genau für den Zweck der Altlastensanierung eine Sicherheitshinterlegung machen. Deren Höhe laut Tschudin: rund 1,5 Millionen Franken. Die BUD teilte des Weiteren mit, dass bei der seit 2005 laufenden Sanierung schon 1,5 Tonnen leichtflüchtige chlorierte Kohlenwasserstoffe aus dem Untergrund entfernt wurden.
Auch für die Grundwasserverschmutzung liefert der Kanton neue Zahlen. Mittlerweile legt sich die BUD fest, dass rund 20 Millionen Liter Industrieabwasser ins Grundwasser gelangt sind. Trotz neun Monaten Abpump-Arbeiten seien jedoch nach wie vor «Spuren der Verunreinigung bis nördlich der Autobahn bei Pratteln nachweisbar», heisst es in der BUD-Mitteilung. Die Massnahmen hätten durchaus Wirkung gezeigt, doch «zur Effizienzsteigerung» sei im Oktober eine weitere Grundwasserpumpe in Betrieb genommen worden. Zudem seien Bohrungen geplant, um weitere Pumpen installieren zu können. Wie lange das Grundwasser noch abgepumpt werden muss, konnte die BUD auf Anfrage nicht präzisieren: «So lange, bis die Messresultate einen starken Rückgang der Verunreinigung aufzeigen.»