Strajustizzentrum Muttenz
Fünf Jahre nach 4,5-Meter-Sturz an Liestaler Baustelle: Baselbieter Strafgericht spricht zwei Baupoliere von aller Schuld frei

Der Unfall des heute 52-jährigen Maurers ist bereits über fünf Jahre
her: Im Oktober 2015 stürzte er an der Grossbaustelle am Weierweg in Liestal rund 4,5 Meter in die Tiefe, musste mit der Rega abtransportiert werden und ist seither teilweise gelähmt.

Patrick Rudin
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Aussenaufnahmen des Strafjustizzentrums Muttenz.

Aussenaufnahmen des Strafjustizzentrums Muttenz.

Kenneth Nars

Die Unfallversicherung hat ihm inzwischen eine Rente von 58 Prozent zugesprochen, diese hält sein Anwalt allerdings für zu tief und kämpft dagegen.

Am Freitag mussten sich in Muttenz zwei Baupoliere im Alter von 37 und
52 Jahren vor dem Strafgericht wegen fahrlässiger Körperverletzung verantworten, sie waren damals auf der Grossbaustelle für die Sicherheit zuständig. Der Unfall geschah, als per Kran die Betonbühnenelemente angeliefert wurden: Wegen eines vorzeitig gebauten grossen Rohrschachtes konnten diese offenbar nicht auf der Aussenseite angebracht werden, weshalb sie innen abgestützt wurden. Damit stand die Bühne allerdings um 180 Grad gedreht, und die vorhandene Absturzsicherung war innen statt auf der Aussenseite. Die Elemente wurden per Kran angeliefert, der Maurer geriet offenbar aus dem Gleichgewicht, als er auf der Bühne auf das nächste Element wartete.

Mangelhafte Planung

Ein Gerüst gab es nicht: Das sei nicht wirtschaftlich, sagte einer der Angeklagten, zumal gleichzeitig auch noch Drainage-Arbeiten am Boden liefen. Ob der Mann zum Lösen der Kranketten tatsächlich vollständig auf die Bühne hinaufklettern musste, wurde am Freitag heftig diskutiert.
Das Fazit der Staatsanwaltschaft: Es hätte gar nicht dazu kommen dürfen, dass der Arbeiter auf dieser Höhe die Bühnen ohne Gerüst montieren musste. «Der Unfall ist auf eine mangelhafte Planung der beiden Poliere zurückzuführen», sagte Staatsanwältin Evelyn Kern.

Verteidiger Peter Nedwed hingegen monierte, den damaligen Kranführer habe man erst drei Jahre nach dem Unfall als Zeugen befragt. Man könne daher nicht einfach alles seinem Mandanten anlasten, wenn Details des Unfalles nicht mehr geklärt werden könnten. «Der Geschädigte hat ganz bewusst Vorschriften missachtet», so Nedwed.

Freispruch für die beiden Poliere

Einzelrichter Daniel Ivanov sprach die beiden Poliere am Freitagabend vom Vorwurf der fahrlässigen Körperverletzung frei. Der Verunfallte habe 25 Jahre Erfahrung auf dem Bau gehabt. Da er an jenem Tag ohne Absturzsicherung gearbeitet habe, habe er die Regeln nachweislich verletzt. «Das ungesicherte Stehen auf einer 4,5 Meter hohen Plattform ist unvernünftig», so Ivanov. Die Schalungselemente für das Betoneingiessen würden jeweils nur für einige Stunden errichtet, man könne nicht erwarten, dass ein Polier deshalb ein Gerüst aufbaue. Dies würde auch bautechnisch keinen Sinn ergeben. Damit wies das Gericht auch sämtliche Zivilforderungen ab. Die Staatsanwaltschaft sowie der Geschädigte können das Urteil noch weiterziehen.