Hanspeter Läubli spricht über Schwierigkeiten der Fünflibervereine und ein Urteil, das für Unruhe sorgt.
Sind Fünflibervereine in der Ära von Negativzinsen noch zeitgemäss?
Hanspeter Läubli: Nein, denn Null- oder Negativzinsen sind absolute Killerkriterien. Unsere Vereine werden von Banken als Einheit behandelt, das Vereinsvermögen dient als Grösse und nicht die Einzahlungen einzelner Mitglieder.
Wenn ein Mitglied nicht mehr so viel oder weniger Geld erhält, als es einbezahlt hat, dann macht das keinen Sinn mehr. Ein bisschen Zins aber benötigen wir, um die anfallenden Kosten zu decken. Dafür und für seine Tätigkeit stehen jedem Vereinskassier pro Mitglied jährlich fünf Franken zur Verfügung.
Rechnet man dies hoch, dann lässt sich das bei einem Zins von 0,3 Prozent schlicht nicht mehr finanzieren. Zum Glück verzichten heute schon viele Kassiere ganz oder teilweise auf den ihnen zustehenden Obolus, ansonsten ginge es jetzt schon weit ins Minus.
Wie gross ist die Rendite für Mitglieder?
Wir profitieren bei unserer Hausbank, der Basellandschaftlichen Kantonalbank (BLKB), stets von einem Vorzugszinssatz, der zurzeit noch bei 0,3 Prozent liegt. Sie ist uns sehr wohlgesinnt und verrechnet auch keine Spesen. Nicht selbstverständlich, wenn man die heutige Zins- und Spesenpolitik bei Post und Banken kennt.
Der 69-jährige Lupsinger Hanspeter Läubli präsidiert seit 2011 den Verband Basellandschaftlicher Fünflibervereine. Er absolvierte eine Lehre bei der BLKB und blieb ihr – bis auf berufliche Auslandaufenthalte und einem Job bei einer Kantonalbank-Tochter – bis zur Pensionierung treu.
Läubli war als Agenturleiter und später im Firmenkundengeschäft tätig. Während seiner Ausbildung kam er erstmals mit damaligen Sparvereinen in Berührung. Vorgesetzte engagierten sich in Vereinen, als Stift musste er noch von Hand Kassabuch führen.
Fünflibervereine sind vor allem ländlich geprägt. Wie ist die Altersspanne ihrer Mitglieder?
Wir führen zwar keine Statistik, aber tendenziell sind sie klar 50 Jahre und älter. Die 60- bis 80-Jährigen leben die Tradition noch sehr stark. Wir haben immer wieder Jüngere, die familiär vorbelastet sind und in Fünflibervereine eintreten.
Haben die Vereine Nachwuchsprobleme?
Ja, vor allem in den Vorständen. Es ist schwierig, neue Leute zu motivieren. Früher wurden die Sparvereine noch von den örtlichen Kantonalbanken geprägt. Ein Vereinskassier war meistens auch bei einer Bank in dieser Charge tätig, Präsident war eine lokale Persönlichkeit, vielfach auch von der Kantonalbank. Dies ist heute ganz anders. Vorstandsmitglieder kommen aus verschiedensten Bereichen und auch nicht mehr ausschliesslich aus dem Bankensektor.
Heute beginnt der Reigen an Generalversammlungen (GV) Ihrer Vereine. Bei elf von insgesamt 38 endet die fünfjährige Beitragsperiode. Wie verläuft eine GV?
Der Vereinspräsident lässt die vergangenen fünf Jahre Revue passieren. Wenn die Auszahlungen genehmigt worden sind, geht es um eine weitere Beitragsperiode. Dies hängt primär von den Wahlen ab. Findet man neue Vorstandsmitglieder, vor allem einen Kassier oder eine Kassierin; denn dies ist der wichtigste Posten eines Fünflibervereins.
Solche Ämter konnten in den vergangenen Jahren nicht überall besetzt werden. Dies führte zu Fusionen oder leider auch zu Aufgaben von Vereinen. Wir Verbandsvertreter sind bloss als Gast dabei, haben keine Aufsichtsfunktion und überbringen eine Grussbotschaft.
Die Vorgänger der Fünflibervereine hiessen Sparvereine. Diese mussten vor etwa zehn Jahren auf Geheiss der Finanzmarktaufsicht (Finma) ihren Namen auf den heutigen ändern. Auch danach hatten Sie Hürden zu überwinden.
Die Finma verbot uns, die Bezeichnung «Sparen» weiterzuführen. Sie untersagte auch, uns öffentlich zur Entgegennahme von Geldern anzubieten. Deshalb haben wir zum Beispiel auch keine Website. Zudem schrieb uns die Finma vor, dass wir das Geld absolut sicher einziehen und anlegen müssen. Die Hausbank stellt uns eine Ausfallgarantie aus.
Diese Vorgaben waren ein massiver Eingriff in unsere Tätigkeit. Später wurden wir auch noch mit dem Fatca-Gesetz konfrontiert, mit dem die USA Steuerflüchtlinge unterbinden will. Wir mussten abklären und dafür einstehen, dass wir kein Geld von US-Steuerzahlern entgegennehmen. Ich bin überzeugt: Weitere Auflagen folgen, was sehr mühsam ist.
Der Verband Basellandschaftlicher Fünflibervereine zählt aktuell 38 Vereine und rund 4000 Mitglieder. Das derzeitige Vermögen aller Vereine beträgt etwa 13 Millionen Franken. Der Verband hatte vor gut vier Jahrzehnten noch über 60 Vereine mit 18000 Mitgliedern, danach gingen diese Zahlen sukzessive zurück.
1874 wurde in Gelterkinden der erste Baselbieter Sparverein gegründet, 1929 der Kantonalverband aus der Taufe gehoben. Früher galt das «kollektive Sparen» als Sinn und Zweck der Vereine, heute steht in den Statuten: «Steigerung der sozialen Wohlfahrt der Vereinsmitglieder.»
Wie digital sind die Fünflibervereine?
Früher geschah alles per Barzahlung. Grössere Generalversammlungen in Turnhallen mussten unter Polizeischutz abgehalten werden, nicht selten wurden eine bis zwei Millionen Franken verteilt. Danach kam der Bankcheck. Bald wird der Einzahlungsschein verschwinden, dann muss alles elektronisch ablaufen.
Das machen dann sicher vor allem unsere älteren Mitglieder nicht mehr mit. Wir stellen den Vereinen ein Programm zur Verfügung. Dieses müssen wir wegen grosser Veränderungen im IT-Bereich laufend anpassen. Wenn der Einzahlungsschein wegfällt, müssen wir die Software wiederum erneuern, damit sie fit ist für QR-Codes. Dies und der Support kosten nicht nur viel Geld, das wir gar nicht haben, sondern das Programm verträgt keine weiteren Anpassungen mehr, weil es zu alt ist.
Hat der Fünfliberverein noch eine Zukunft?
Er ist definitiv ein Auslaufmodell. Wir müssen uns mit dem Ende befassen. Die fortschreitende Digitalisierung ist für unsere schöne Vereinstradition ein Killer.
Vor ein paar Wochen wurde ein früherer Kassier des Fünflibervereins aus Muttenz vom Baselbieter Strafgericht unter anderem wegen Veruntreuung verurteilt. Das hat in Ihrem Verband Unsicherheit ausgelöst.
Tatsächlich. Als unsere Vorstands- und Vereinsmitglieder Anfang November diesen «bz»-Artikel gelesen hatten, fragten sie sich: «Kann das bei uns auch passieren?» Sie haben nicht wissen können, dass dieser Verein aus Muttenz nicht unserem Verband angehört.
Aber er trägt denselben Namen.
Ja, denn «Fünfliberverein» ist nicht geschützt. Mir war auch nicht bewusst, dass Muttenz noch einen Fünfliberverein hat. Bis vor zehn Jahren war er Mitglied bei uns gewesen und fusionierte danach mit Pratteln.
Aber vor zwei, drei Jahren strich auch der Prattler Verein seine Segel. Der noch existierende Muttenzer Fünfliberverein funktioniert nicht mehr nach unserem Prinzip. Die Mitglieder leisten ihren Beitrag durch Einwerfen in ihren «Schlitz» in einen Kasten.
Sie können Ihre Mitglieder also beruhigen?
Wir hatten noch nie einen Fall von Veruntreuung. Immer konnten wir jedem Mitglied das Geld ausbezahlen, das es eingebracht hatte. Wir achten enorm darauf, dass so etwas nicht geschieht. Deshalb haben wir Kontrollmechanismen eingeführt. Während der Periode ruht das angesparte Geld auf einer Art Sperrkonto.
Präsident und Kassier eines Vereins können nur mit kollektiv unterzeichneten Dokumenten und nur mit schriftlicher Begründung an die Bank bei dieser Geld beziehen. Die regulären Auszahlungen erfolgen zum Ende jeder Periode.
Können Sie als Präsident die Hand ins Feuer legen, dass Ihr Verband respektive Ihre Vereine von einem ähnlichen Fall wie in Muttenz verschont bleiben?
Ausschliessen kann ich zwar nichts, aber es wird fast nicht möglich sein. Es sei denn, ein Dokument würde gefälscht. Sollte sich bei uns ein Veruntreuungsfall ereignen, dann hätten die Kontrollfunktionen bei der Bank, die als Rückfallebene dient, versagt.
Mit der BLKB haben wir eine Garantin, die das Geld auch nach einem Schaden ausschütten würde. Deshalb hat sie alles Interesse daran, dass Einzahlungen der Beiträge und Auszahlungen der Kapitalien ausschliesslich elektronisch getätigt werden. Unsere Mitglieder müssen also keine Angst haben.