Unstimmigkeit
Viele Rücktritte, keine Antworten – die Biel-Benkemer Reformierten sind verkracht

Dass es in der Kirchgemeinde einen Konflikt gibt, ist offensichtlich. Aber warum, will niemand sagen. Zu den Vorwürfen, er sei das Problem, schweigt der Pfarrer.

Michel Ecklin
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Die reformierte Kirche Biel-Benken ist derzeit Schauplatz eines Hauskrachs.

Die reformierte Kirche Biel-Benken ist derzeit Schauplatz eines Hauskrachs.

Juri Junkov

«Advänt für alli» feiern die Biel-Benkemer Reformierten heute Abend. Es wird eine adventlich geschmückte Tafel geben, feierliche Musik und «Zeit zum gemütlichen Zusammensein», wie es in der Einladung heisst. Doch nicht allen Gläubigen dürfte derzeit zum gemeinsamen Feiern zumute sein. In der Evangelisch-reformierten Kirchgemeinde herrscht kein vorweihnächtlicher Friede. Gemäss Recherchen der bz haben innert drei Wochen vier von sieben Kirchenpflegemitgliedern ihren sofortigen Rücktritt eingereicht, ein weiteres hört Ende Jahr auf.

Mit weniger als fünf Mitgliedern ist die Kirchenpflege nicht mehr beschlussfähig. Wie das die Kirchengesetzgebung vorsieht, hat der Kirchenrat, die kantonale Regierung der Reformierten, einen Berater und Coach mit theologischem Hintergrund bestimmt. Als «Vertrauensperson», wie Kirchenratspräsident Martin Stingelin sagt. «Er wird Gespräche mit allen Beteiligten führen und klären, was vorgefallen ist.» Sein Auftrag sei auch, die Kirchgemeinde dazu zu bringen, sich wieder selber führen zu können. «Der Berater hat Erfahrung mit Gemeinden, die nicht funktionieren», sagt Stingelin.

Kündigungen, Entlassungen, schlechte Führung

Bei den Biel-Benkemer Reformierten hängt also der Haussegen schief – aber warum, das will Stingelin nicht sagen. Er macht nur deutlich, dass es einen Konflikt gibt, den es zu lösen gilt. Mehr verrät jemand, der gewöhnlich über das Geschehen in der kleinen Leimentaler Gemeinde sehr gut informiert ist, aber anonym bleiben will. Diese Person meint unverblümt: «Auf gut Deutsch gesagt: Bei den Reformierten ist die Kacke am Dampfen.» Für sie ist klar: Stein des Anstosses ist der Pfarrer Nico Rubeli, der seit eineinhalb Jahren in Biel-Benken im Amt ist. «Er hat es in kürzester Zeit geschafft, dass alle gehen.» Rubeli habe ein eigenartiges Verständnis von Menschenführung und pflege einen «furchtbaren Umgang» mit den Mitarbeitern, ohne Wertschätzung, weiss die Quelle weiter. «Seine Vorstellungen, wie man den Laden zu führen hat, gelten für ihn als die einzig richtigen. Es ist logisch, dass jetzt die Kantonalkirche eingreifen musste.»

Eine mit den Verhältnissen in der Biel-Benkemer Kirchgemeinde gut vertraute Informantin zeichnet ein ähnliches Bild von Rubeli. Demnach soll der Pfarrer nicht nur die Kirchenpflege verscheucht haben. Sein Verhalten soll auch noch zum Rücktritt oder dem Krankschreiben von drei Mitarbeiterinnen der Kirchgemeinde geführt haben. Umgekehrt hatte die Kirchenpflege Rubeli zu seinem einjährigen Amtsjubiläum im Februar noch hoch gelobt.

Es gab auch Lob für den kritisierten Pfarrer

«Sein Wirken wird in kirchennahen und kirchenfernen Kreisen in unserer Gemeinde und in der Region hochgeschätzt», schrieb die Kirchenpflege in der «Dorf-Zytig: «Im persönlichen Gespräch zeigt er viel Einfühlungsvermögen für die Alltagssorgen der Mitmenschen.» Gezeichnet waren die Sätze von Andreas Hartmann, dem damaligen Präsidenten der Kirchenpflege.

Inzwischen ist Hartmann zurückgetreten, und er zeigt sich nun deutlich verschlossener. Zur Aussage, Pfarrer Rubeli habe den Krach in der Gemeinde verursacht, sagt er nur: «Sowas wird im Dorf schnell erzählt. Aber es wäre ein zu einfacher Rückschluss.» Auch zwei weitere zurückgetretene Kirchenpflegemitglieder lehnen es ab, sich zum Fall äussern. Begründung: Jetzt sei die Kantonalkirche für die Biel-Benkemer Kirchgemeinde zuständig.

Die bz hat Rubeli mit den Vorwürfen gegen ihn konfrontiert. Doch er will der Presse nichts sagen oder zitiert werden, mit Hinweis auf das «Seelsorge-Geheimnis».