Pratteln
Von wegen alles neuer Wohnraum: Rohner-Areal schrumpft ein Stück – Privater plant Gewerbepark

Die Arealentwicklerin Hiag wollte zwei angrenzende Gebäude kaufen, um das gesamte Areal der konkursiten Chemiefirma Rohner zusammen zu Wohnraum entwickeln zu können. Doch ein privater Aargauer Unternehmer überbot sie – und hat ganz andere Pläne.

Michael Nittnaus
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Die Hiag wollte auch das beige Bürogebäude und die Kantine (links hinter Bäumen) kaufen, da diese ans Rohner-Areal (rechts) anschliessen.

Die Hiag wollte auch das beige Bürogebäude und die Kantine (links hinter Bäumen) kaufen, da diese ans Rohner-Areal (rechts) anschliessen.

Juri Junkov

Noch lagern auf dem Areal der konkursiten Prattler Chemiefirma Rohner AG rund 250 Tonnen Abfall. Nach und nach werden sie durch die Grundbesitzerin, die Immobilienfirma Hiag, fachgerecht entsorgt. Laut einer Mitteilung der Baselbieter Bau- und Umweltschutzdirektion von Anfang Woche dürfte es noch bis Herbst 2020 dauern, bis das 32'000 Quadratmeter grosse Areal entlang der Güterstrasse nahe des Prattler Bahnhofs «chemiefrei» ist. Danach folgen der Rückbau der Gebäude und die Altlastensanierung des Geländes.

Seit die bz Ende September publik gemacht hatte, dass Hiag und das kantonale Konkursamt keinen Investor für den Weiterbetrieb der Rohner-Anlagen gefunden haben, steht fest, dass das ganze Areal definitiv zu Wohnraum weiterentwickelt werden soll. Wobei: Zwei Rohner-Gebäude bleiben sicher stehen und werden voraussichtlich auch nie Wohnungen beherbergen. Es handelt sich um das fünfstöckige, beige Bürogebäude an der Güterstrasse 19, in dessen Erdgeschoss die Rohner-Betriebsfeuerwehr untergebracht ist, sowie um die alte Rohner-Kantine direkt dahinter. Sie gehörten bislang dem Wohlfahrtsfonds von Rohner, der sich aber in Liquidation befindet.

Hiag verbesserte mehrfach vergeblich das Kaufangebot

Recherchen der bz zeigen, dass die Parzelle mit diesen beiden Gebäuden erst vor zwei Wochen, am 22. November, an eine Privatperson verkauft wurden. Laut Grundbucheintrag handelt es sich um den Aargauer Unternehmer Edgar Steinacher. Er betreibt die SEM Immotrans AG, die Liegenschaften und Wohnungen bewirtschaftet.

Brisant: Hiag, der seit einem Jahr sonst das gesamte Rohner-Areal gehört, wollte diese im Osten direkt angrenzende Parzelle 928 ebenfalls kaufen. Schon im Januar berichtete die bz, dass ein erstes Kaufangebot als zu tief abgelehnt worden war. Mit den Recherchen konfrontiert, sagt Ralf Küng, Leiter des Hiag-Portfoliomanagements, gestern: «Wir verbesserten unser Angebot danach – und das mehrmals.» Er betont zwar, dass es für Hiag «keine grosse Sache» sei, fügt aber auch an: «Natürlich wäre es schöner, logischer und sinnvoller gewesen, wenn wir den Zuschlag erhalten hätten.»

Denn Hiag strebt eine «gesamtheitliche Entwicklung» des Areals an. So weist Küng darauf hin, dass das flache Kantinen-Gebäude unter Denkmalschutz steht und gar nicht abgerissen werden darf. Tatsächlich findet sich die Güterstrasse 19a im Baselbieter Bauinventar. Das von Werner Rohner 1954 gebaute Haus ist kantonal geschützt. «Das Gebäude wäre prädestiniert gewesen für einen Gemeinschaftsraum, der in ein Wohnkonzept hätte integriert werden können», sagt Küng. Das beige Bürogebäude hingegen hätte wohl weichen müssen.

Käufer will Häuser behalten und plant Gewerbepark

Die bz erreichte gestern auch Edgar Steinacher. Er hält fest: «Ich werde keines der Häuser abreissen.» Stattdessen schwebe ihm vor, sie zu renovieren und einen kleinen Gewerbepark daraus zu machen. Er besitze bereits ein Areal beim Aqua Basilea, das er ähnlich bewirtschafte. Damit scheint auch klar, dass Steinacher die Parzelle nicht bloss gekauft hat, um sie danach gewinnbringend an Hiag weiterzuverkaufen.

Doch weshalb hat der Aargauer Unternehmer den Vorzug erhalten? Dazu muss man wissen, dass die Stiftungsaufsicht beider Basel Anfang Jahr für den Wohlfahrtsfonds einen amtlichen Verwalter, Roland Sauter, eingesetzt hat, weil der damalige Rohner-Geschäftsführer Daniel Pedrett das Konstrukt zur Querfinanzierung missbraucht hatte. «Wir haben an den Meistbietenden verkauft», sagt Sauter trocken. Denn das oberste Ziel sei gewesen, dass den ehemaligen Rohner-Angestellten möglichst viel zugute kommt.

Das scheint gelungen. Laut Sauter brachte der Verkauf an Steinacher der Vorsorgeeinrichtung einen einstelligen Millionenbetrag ein: «Dadurch gibt es je nach Dienstalter doch schöne Beträge für die zweite Säule der Angestellten.» Und eventuell kommt es für die Hiag doch zu einem Happy End. Küng: «Vielleicht finden wir ja eine gemeinsame Lösung mit unserem neuen Nachbarn.»