Pratteln
Wieder zurück: Diese Kirchenglocken haben auf ihrem Weg durchs Baselbiet einiges erlebt

Zumindest die Rückkehr verlief ohne Misstöne: Die Prattler Katholiken feiern ihre drei Glocken, die sie einst ins Oberbaselbiet verschenkten.

Jolanda Sauta
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Seit Kurzem stehen sie wieder vor der St. Antonius-Kirche in Pratteln, die drei 1935 gegossenen Glocken.

Seit Kurzem stehen sie wieder vor der St. Antonius-Kirche in Pratteln, die drei 1935 gegossenen Glocken.

Juri Junkov

1935 werden drei Kirchenglocken in einer Glockengiesserei in St. Gallen hergestellt. Vorgesehen sind sie für die eben erst fertiggestellte Römisch-katholische St. Antonius-Kirche in Pratteln. Wohin es die drei Glocken im Baselbiet dann überall hin verschlagen wird, weiss noch niemand.

Planmässig kommen sie zunächst in Pratteln an, werden aber erst 1959, mehr als 20 Jahre später, durch die Prattler Schuljugend – an die 700 Kinder, Katholiken und Reformierte – an der St. Antonius-Kirche hochgezogen und eingeweiht. An diesem 29. August dürfen die drei Glocken im fertiggestellten Turm ein erstes Mal läuten.

Katholiken-Glocken passen nicht zu den reformierten

Es stellt sich jedoch heraus, dass das neue Geläut nicht mit demjenigen der grösseren reformierten Kirche harmoniert. Deshalb schenkt Pratteln die Kirchenglocken dem Kultusverein Oberes Homburgertal. Sie werden beim Sigrist und Kassier während mehrerer Jahre aufbewahrt, bis dieser 1982 stirbt, schreibt Beatrice Llamera, welche die Geschichte aufgeschrieben hat. Danach werden sie auf einem Hof oberhalb von Läufelfingen, in einem Tenn unter Heu, gelagert. Die Glocken sollten auf einen Kapellenbau warten und dort zum Einsatz kommen.

Zwei Jahre später, 1984, feiert die römisch-katholische Gemeinde Pratteln das 50-Jahre-Jubiläum ihres Kirchenbaus und verlangt für diesen Anlass die Kirchenglocken von Läufelfingen zurück. Letztere habe ja noch keine Kapelle gebaut. Der Kultusverein weigert sich jedoch: Geschenkt sei schliesslich geschenkt. Zwei Prattler wollen das nicht auf sich sitzen lassen.

Zuerst müssen sie allerdings ausfindig machen, wo das tonnenschwere Metall lagert: «Als wir das dann herausgefunden hatten, holten mein Vater und ich die Glocken in einer Nacht-und-Nebel-Aktion zurück», erinnert sich Philipp Krummenacher. Die Krummenachers sind als Glöckner der Kirchgemeinde tätig und haben eine besondere Beziehung zu den Glocken.

«Glocken lässt man nicht ungenutzt rumliegen»

Daraufhin finden Diskussionen statt. Pratteln stellt sich auf den Standpunkt, die Glocken seien für eine Kapelle in Läufelfingen gedacht. Eine solche gibt es zu jenem Zeitpunkt aber nicht. «Glocken verkauft man nicht. Die kann man verschenken. Wenn sie der Beschenkte aber nicht nutzt und rumliegen lässt, ist das ebenfalls falsch», erklärt Krummenacher die damalige Haltung der Prattler Katholiken.

Resultat: Die Glocken dürfen vorerst in Pratteln bleiben, werden 1989 aber nach Sissach in die katholische Kirchgemeinde St. Josef gebracht, in der sich auch Katholiken aus dem Homburgertal engagieren. Dort sind sie die folgenden Jahre als Leihgabe aufgehängt und ausgestellt. Als der Vorplatz der Sissacher Kirche neu gestaltet wird und der bisherige Standort für die Glocken wegfällt, ändert sich die Situation abermals.

Die Kirchgemeinde Sissach bietet jener von Pratteln die Rückgabe der Glocken an. Am 11. September 2020 werden diese – 61 Jahre, nachdem sie erstmals bimmeln – zurück zu ihrer ursprünglichen Wirkungsstätte gebracht. Und zwar von niemand Geringerem als Philipp Krummenacher. Dieses Mal erfolgt der Transport in gegenseitigem Einvernehmen und ohne Misstöne.