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In der Geschichte der Gartenkultur ging es zunächst ums Beherrschen, später ums Geniessen und oft auch ums Überleben. Heute geht es um den Weltmarkt und die Unabhängigkeit.
Für Menschen ohne allzu hohe Ansprüche an Wohnkomfort und Sozialleben muss es ein verlockendes Angebot gewesen sein: gegen Kost und Logis wurde ein Eremit gesucht, der sich einzig dazu verpflichten sollte, in einer Einsiedlerhütte zu wohnen und sich weder Haare noch Finger- und Zehennägel zu schneiden. Als Stilelement sollte er bei den vorbeigehenden Spaziergängern den Eindruck von Natürlichkeit und Ursprünglichkeit erwecken und sich in die ihn umgebende Parklandschaft einfügen. Solche Stelleninserate soll es tatsächlich gegeben haben, zur Zeit zunehmender Industrialisierung, als Stadtbewohner in gross angelegten Gärten nach Erholung in der Natur und nach Erfahrung von Ursprünglichkeit suchten.
Abbild der Formenvielfalt
Der sogenannte englische Garten kam etwa im 18. Jahrhundert in Mode und ist heute noch in Form von Stadtparks sehr beliebt. Der Gärtner arrangierte ein begehbares Landschaftsgemälde, das sich harmonisch in die Umgebung einfügen sollte. Die Formenvielfalt und die Vielfalt der Lebensräume in der Natur sollten im Garten zum Ausdruck gebracht werden. Auf kleinem Raum wechseln sich dichte Sträucher mit lose stehenden hohen Bäumen ab, dazwischen liegt vielleicht ein kleiner Weiher oder ein Rasen, der auf eine sanfte Anhöhe führt. Darüber hinaus soll nicht nur die Pflanzenwelt in der Grünanlage vertreten sein, auch heimische Tiere wie Vögel, Insekten und Amphibien finden hier ihre Lebensgrundlage.
In der Stadt Basel entstanden solche Gärten und Parks vor allem im 19. Jahrhundert. Auch sie zeugen von der Sehnsucht nach dem Naturerlebnis in der Stadt. Die grosszügigen Grünanlagen entstanden meist durch Umnutzung. Der Kannenfeldpark und der Horburgpark waren ursprünglich Friedhöfe, der Schützenmattpark diente eigentlich als Schiessanlage. Aber nicht nur in den Städten breitete sich dieser Gartentrend aus. Auch auf Landsitzen in der Umgebung wurden englische Gärten angelegt. Die Merian Gärten in Münchenstein oder das Gut Ebenrain in Sissach sind Beispiele dafür.
Adel beherrscht die Natur
Freilich wurden nicht erst im 19. Jahrhundert Gärten angelegt. Im Landschaftspark Wenkenhof in Riehen findet man eine Mischung zweier Gartenformen vor. Innerhalb des Parks sind Elemente des sogenannten französischen Barockgartens zu bestaunen. Diese Gartenform ist in ihrer pompösesten Form bekannt durch den Schlosspark von Versailles oder jenen von Ludwigsburg in Baden-Württemberg. Die Gartenanlage fällt jeweils durch ihre symmetrische, regelmässige Konstruktion auf. Die künstliche Ordnung der Anlage steht als Symbol für das Beherrschen der Natur. Vor dem herrschaftlichen Gebäude oder dem Schloss beginnt eine Zentralachse, die von einer oder mehreren rechtwinkligen Querachsen geschnitten wird. Der Blick über den Garten von der Terrasse des herrschaftlichen Hauses aus bietet je nach Grösse des Gartens Springbrunnen, verzierte Rasenstücke, Blumenbeete, Wasserspiele, Statuen, beschnittenen Hecken und Lustwäldchen. Der Unterhalt solcher Gärten kostete den Besitzer ein Vermögen, sodass ihn sich nur Adlige, Fürsten und hohe Geistliche leisten konnten.
Durch diese Gartenkultur etablierte sich der Beruf des Gärtners. Die Anlagen mussten nämlich genau geplant und angelegt werden, die beliebten exotischen Pflanzen brauchten besonders im Winter viel Pflege für die Erhaltung und Weiterzucht.
Garten zur Selbstversorgung
Nicht alle Gartenformen sind indes dazu da, dem Betrachter ein Naherholungserlebnis zu bescheren. Der Bauerngarten, vermutlich so alt wie die bäuerliche Kultur selbst, diente seit je zur Sicherung der Ernährung und in Zeiten der Hungersnöte gar zur Selbstversorgung. Der klassische Bauerngarten befindet sich gewöhnlich vor der Hauptfront des Wohnhauses und dient somit auch der Zierde des Hofes. Seine Form ist schlicht: Ein Rechteck wird durch einen Mittelweg und eine weitere rechtwinklige Achse in vier Bereiche geteilt. Die vier Bereiche sind oft mit einer Buchs-Hecke eingefasst. In der Wegkreuzung befindet sich manchmal noch eine Rondelle zur Zierde und meist ist der ganze Garten eingezäunt. In den Beeten wachsen bunt gemischte Blumen neben Gewürz- und Heilkräutern und Gemüse.
Platz haben nicht nur Nutz- sondern auch Zierpflanzen. Der Bauerngarten hat nämlich auch repräsentativen Charakter und trägt zum Stolz der Bäuerin bei. Die Pflanzen mussten aber auf jeden Fall pflegeleicht sein, denn die Bäuerin hatte meist nicht viel Zeit, sich darum zu kümmern. Erbsen, Bohnen, Kohl und Karotten sind bis heute bevorzugtes Gemüse.
Städtische Nutzgarten
In der mittelalterlichen Stadt Basel gab es kaum Platz für Grünflächen. Kleine Hausgärten leisteten immerhin einen kleinen Beitrag zur Selbstversorgung. Anbau und Verkauf von Gemüse und Obst geschah dann im 13. Jahrhundert in den Vorstädten. Entlang der Stadtmauer bot die Regierung der landlosen Stadtbevölkerung aber Pflanzland zur Pacht an. Nach dem Abbruch der Mauer wurden die Stadtgräben aufgefüllt und durch Strassen und Häuser ersetzt. Die Stadt wuchs und brauchte Platz dazu, die Pflanzplätze mussten weichen. 1909 wurden deshalb 25 Pflanzgärten ausserhalb der Stadt geschaffen, drei Jahre später waren es bereits 200 sogenannte Schrebergärten. Diese entwickelten sich aber immer mehr vom Pflanzgarten zum Wohn- und Freizeitgarten. Insbesondere in den Nachkriegsjahren stand der Garten im Zeichen der Erholung und als Ausgleich für beengte Wohnverhältnisse.
Weiter in der Geschichte
Die letzten landwirtschaftlich genutzten Flächen innerhalb der Stadt Basel, zum Beispiel im Iselin- und Bachlettenviertel oder im Wettstein- und im Hirzbrunnenquartier, wurden zwischen 1945 und 1980 überbaut. Seit einiger Zeit bringt der neue Trend des «Urban Gardening» die Nutzgärten aber wieder zurück in die Stadt.
Der Verein Urban Agriculture Netz Basel setzt sich mit seinem Landhofgarten für selbstständige Nahrungsproduktion ein. «Damit verringert man die Riesenabhängigkeit vom Weltmarkt, der auch von Spekulation beeinflusst ist», sagt Isidor Wallimann, Präsident des Vereins. Mit dem Hinterhof-Garten in der Stadt erweitert die Gruppe zudem die Funktion des Gartens. Es gehe beim Projekt nämlich auch um Nachbarschaft, Bildung, Kultur, Geselligkeit und Integration zwischen gesellschaftlichen Gruppen. Insofern wird mit dem Trend des «Urban Gardening» an der Geschichte der Gartenformen und ihrer Funktionen fleissig weitergeschrieben.