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Basel
In seinem fünften Buch «Der Musikant am Strassenrand» erzählt der Liedermacher, Autor und Atomkraftgegner Aernschd Born Episoden aus seinen wilden Jahren.
Ein Wurf ist das neue Buch von Aernschd Born – und ein schönes Weihnachtsgeschenk. Wunderbar leicht zu lesen trotz Tief- und Hintergründigem. Frisch, frei und fröhlich in der Tonalität und dazu noch eine Anleitung zu mehr Mut, den eigenen Interessen nachzugehen.
In «Der Musikant am Strassenrand» nimmt uns der 1949 in Zürich geborene Liedermacher, Künstler und Atomkraftgegner Aernschd Born mit in jene Zeit vor 50 Jahren, als alles im Auf- und Umbruch war. Und die Jungen gegen alles Stiere und Spiessige revoltierten.
In seinem fünften Buch erzählt Born, der mit seiner Lebens- und Firmenpartnerin Barbara Preusler in Reinach das Büro «Kulturduo» führt, Anekdoten aus seinen Wanderjahren als junger Bursche zwischen 1967 und 1973. Er ist damals um die Zwanzig und macht eine Lehre als Reproduktionsfotograf – ein Beruf, den es nicht mehr gibt. Der junge Born hat lange glatte Haare, einen Bart und sieht aus wie ein Hippie mit Jesus-Touch aus San Francisco. «Ich war kein politischer Aktivist», sagt er heute.
«Ich spielte Gitarre und Schnuuregyyge auf der Klagemauer (damaliger Treffpunkt vor der Barfüsserkirche, Anm. d. Red.) und kommunizierte auf meine Weise mit den Leuten», erzählt Born. «Es war eine wilde und turbulente Zeit und ich ein Teil des Ganzen. Aber ich bekam die Proteste immer vom Strassenrand her mit.»
Noch während der Stifti, danach von März bis Mai 1970 und in den drei darauffolgenden Jahren, als er in Mailand eine Stelle hat, geht Born auf Musikantenreise mit dem Velo oder dem Zug. Es verschlägt ihn nach Ulm, München und ins Elsass. Er landet in Wien, London, Paris und Kopenhagen, bevor er schliesslich in der mittlerweile stillgelegten SBB-Unterführung in seiner Heimatstadt Basel den weltweit allerbesten Platz für Strassenmusik findet.
Wenn du in einer behüteten Familie aufwächst, hast du deine festen Rahmen und Bezüge. Das eigentliche Leben findet vor der Haustür statt.
Mit dabei hat Born immer seine Gitarre, eine Mundharmonika vom Typ Marine Band und zwischendurch noch eine Bambusflöte, bevor ihm diese geklaut wird. «Das war eine enorm wichtige Zeit für mich», so der Musiker. «Es waren meine ersten Schritte ins Leben, als alles begann», sagt er. «Wenn du in einer behüteten Familie aufwächst, hast du deine festen Rahmen und Bezüge. Das eigentliche Leben findet vor der Haustür statt.»
Die Frage ist, woher er den Mut für seine Odyssee als Strassenmusiker nahm – ohne zu wissen, wo man abends landet und ob genug Geld da ist für Essen und Obdach. Born schaut mich verständnislos an und meint: «Das hatte nichts mit Mut zu tun, ich machte es einfach. Ich wollte weg nach der Stifti, Spass haben und raus in die Welt gehen. Das Abenteuer kam erst, als ich es machte.»
Wir lernen spontane, grosszügige und skurrile Menschen kennen und zwischendurch immer wieder die örtliche Polizei, die in Paris ziemlich schroff ist und in Chiasso erstaunlich nett. Dem jungen Born kann das alles nichts anhaben: Er hat seine Musik und die Menschen, die stehenbleiben und mit ihm ins Gespräch kommen.
Im Anhang zum «Der Musikant am Strassenrand» erklärt Born, was die Songs, die er verblueste, damals für ihn bedeuteten, zum Beispiel «Let it be», «Bella Ciao» oder «Marmor, Stein und Eisen bricht». Und vor allem das Beatles-Album «Sgt. Pepper’s Lonely Hearts Club Band», über das er schreibt: «Es gibt ein Davor und ein Danach», «Waaaahhhnsinn!».
Born spielte damals öffentlich noch rein instrumental und vor allem Blues, «eine ganz einfache Musikform, in der die ganze Welt drin ist, die du immer von neuem erfassen kannst», sagt er. Die Leute seien vor allem wegen seiner Mundharmonika stehengeblieben, weiss er: «Sie merkten, da spielt einer über Tod und Leben.»
Das Musizieren im Freien überlässt Born heute gern den Jungen und «den Menschen aus dem Osten, die hervorragend einstudierte Strassenmusik machen», sagt er. Doch wenn er heute auf der Bühne stehe, habe er immer noch «ein bisschen den Strassenmusiker in mir», sagt Born. «Ich versuche die ganze Zeit, mit dem Publikum in Dialog zu treten und es zu fesseln.»
Wenn es in seinem Buch einen Appell gebe, dann vor allem diesen: «Verwirkliche deine Träume.» Mit Achtzehn habe er Saxofonist werden wollen und erst beim «Probieren geht über Studieren» gemerkt, dass dies nicht der richtige Weg für ihn sei. «Du musst den Ball aufs Tor schiessen statt nur darüber nachzudenken, ob du es tun sollst oder nicht», sagt Aernschd Born. «Ob du dann tatsächlich ein Goal schiesst oder nicht, merkst du erst hinterher.»
Aernschd Born: «Der Musikant am Strassenrand».
Verlag ambripress 2020, 174 S.
www.kulturduo-preusler-born.com.