Eine Demonstration zum Tag der Arbeit in Zeiten von Contact-Tracing und Selbstisolation: Wer dort war, berichtete von einem fast schon intrinsischen Verlangen nach dem öffentlichen Kundtun der eigenen Meinung. Mag sein, dass das für einige Gruppen gilt oder galt. Dass Basta-Grossrätin Tonja Zürcher an der Demo mitlief, geschah aber vielmehr aus Kalkül und mit dem Segen der Partei.
Spätestens, als die bz über die illegale Demo im Vorfeld berichtet und dabei offengelegt hatte, dass auch die Linkspartei schwer mit einer Teilnahme kokettiert, hätten die Parteiverantwortlichen wissen müssen, wie schlecht ein solcher Alleingang im gemässigteren linken Lager ankommt. Zürcher marschierte dennoch an der Demo auf und wagte damit sehenden Auges die Provokation. Dahinter steckt die Suche einer Partei nach einer linken Nische, neben einer expandierenden SP, die bald das gesamte realpolitische Spektrum jenseits der Mitte besetzt.
Der erste grosse Bruch einer lange geeinten Basler Linken bedeutete die Abstimmung zur Steuervorlage 17. Während die damalige Finanzdirektorin Eva Herzog es schaffte, sämtliche Parteien in Basel-Stadt hinter einem Deal zu einen, blieb die Basta aussen vor. Sie bekämpfte den Hinterzimmerdeal zuerst kantonal und dann national – erfolglos.
Diese wichtige Entscheidung hinterliess tiefe Furchen zwischen den Parteien und zeitigte den Effekt, dass die Basta Eva Herzog die Unterstützung im Ständeratswahlkampf versagte. Das sorgte sogar Basta-intern für Kritik, allerdings änderte das Co-Präsidium Heidi Mück und Sina Deiss seinen Kurs nicht.
Im Januar dieses Jahres folgte der nächste Affront: Die Basta begann, mit einer Doppelkandidatur für die Regierungswahlen zu liebäugeln. Das klang als Idee zuerst innovativ und schien ein wirkungsmächtiges PR-Instrument, um flexible Jobmodelle zu propagieren. Doch spätestens als das juristische Gutachten der Staatskanzlei vorlag und dieses den Plänen ein jähes Ende bereitete, hätte die Partei nach dem Dafürhalten der Bündnispartner von einer Zweierkandidatur Abstand nehmen sollen. Schliesslich war das noch vor Corona und viele Linke witterten nach dem Wahlherbst eine echte Chance, den Einfluss in der Regierung noch weiter zu vergrössern. Die Basta tat es nicht, sondern fühlte sich mehr dem Votum der eigenen Mitglieder denn dem Willen des Gesetzes verpflichtet. So auch am Freitag.
Selbst, wenn man das schlagende Argument beiseitewischte, eine Menschenansammlung zu Hunderten sei in Zeiten von Corona zutiefst unsolidarisch gegenüber all jenen, die sich an die Regeln des Bundesrats halten, bleibt die Aktion inhaltlich leer. Die Argumentation, die Versammlungsfreiheit sei als Grundrecht zu verteidigen, verfängt nicht. Grundrechte stehen immer in Konkurrenz zueinander, und noch weit vor der Versammlungsfreiheit steht das Recht auf Leben. Der Staat muss die körperliche Unversehrtheit der Bürger schützen. Nur aus diesem Grund sind Versammlungen derzeit verboten.
Wer die Demonstranten zu Verteidigern der Demokratie hochlobt, verkennt die Rechtsgeschichte. Kurzer Exkurs: In der Schweiz steht die Versammlungsfreiheit seit 1999 in der Verfassung und galt davor nur ungeschrieben. Der Artikel orientiert sich am UNO-Pakt II und der Europäischen Menschenrechtskonvention. In beiden Schriften ist festgehalten, dass die Versammlungsfreiheit nur unter der Einschränkung gilt, die «Volksgesundheit» oder die Rechte anderer nicht zu gefährden.
Aber an einer solchen Auseinandersetzung mit der Rechtsstaatlichkeit zeigt die Basta wenig Lust. Tonja Zürchers «Verständnis von Politik geht über die Regierung und den Grossen Rat hinaus», wie sie am Freitag bekannte. Ausgedeutscht heisst das: Für die Basta bleibt im jetzigen Gefüge nur das Extrem – es bleibt nur die Opposition. Mit dieser Ausrichtung ist diese Partei nicht regierungstauglich.