Bei den Smartvote-Profilen entfaltet sich die ganze Eitelkeit der Politiker. An sich sei es ja eine gute Sache, finden die meisten der ausgewählten Baselbieter Nationalratskandidaten. Doch das Resultat gefällt nicht allen.
Wenn sie darüber sprechen, klingt es, als stünden sie vor einem Spiegel. «Da und dort gibt es sicher zu mäkeln, auch wenn es nur Kleinigkeiten sind», sagt etwa der Grünliberale Gerhard Schafroth, der gegenüber Smartvote sonst positiv eingestellt ist. «Total fein» sei die Wahlhilfe aber nicht. Das ist auch der gemeinsame Nenner der anderen Nationalratskandidaten.
BDP-Nationalratskandidat Peter Müller findet etwa, dass die Plattform beim Kriterium «Restriktive Migrationspolitik» mit ihm zu hart ins Gericht geht. Hier erreicht er höhere Werte als der stramme SVPler Caspar Baader. Nur Christian Miesch, der hier die volle Punktzahl erreicht, ist noch restriktiver. «Hier differenziert Smartvote zu wenig», ist Müller überzeugt. Er selber sei beispielsweise klar gegen die Initiative «Masseneinwanderung stoppen». Stattdessen ist er der Meinung, dass der Bevölkerungsplanung ein wichtigerer Platz einberäumt werden muss. Gegen Zuwanderung sei er nicht: «Es könnten womöglich 10 oder 12Millionen Menschen in der Schweiz wohnen. Aber momentan hat noch niemand einen Plan, wie man damit umgehen soll.»
«Ich denke, ich habe ein pragmatisches Profil»
Nicht 100-prozentig zufrieden mit ihrem Profil ist auch Nationalrätin Maya Graf. Dass dieses sich nämlich als Blaupause der Sozialdemokratin Susanne LeuteneggerOberholzer ausnimmt, ist nicht im Sinne der Grünen. «Wir sind uns in sehr Vielem einig», sagt Graf zwar. Aber sie selbst sei viel weniger stark für die Öffnung der Landwirtschaft. SP-Nationalrat Eric Nussbaumer zeigt sich mit seinem Smartvote-Profil zufrieden: Innerhalb der SP sei er weder zu weit links noch zu weit rechts: «Ich denke, ich habe ein pragmatisches Profil».
Trotzdem hat auch er Extremwerte: Bei der «restriktiven Migrationspolitik» gibt es gleich null Punkte. Auch hier leichte Kritik am System: Hätte Smartvote mehr Fragen zu den flankierenden Massnahmen gestellt, hätte es ein anderes Ergebnis gegeben, glaubt Nussbaumer – er fordert nämlich, dass diese nicht aufgeweicht werden.
Ist Saladin gegen Umweltschutz?
Ein Umweltfreund scheint FDP-Nationalratskandidat Franz Saladin nicht zu sein, schaut man sich seine Werte beim «ausgebauten Umweltschutz» an. Saladin wehrt sich: Er habe schliesslich seine Doktorarbeit vor 14 Jahren über erneuerbare Energien geschrieben. «Ich empfehle niemandem, sich nur auf dieses Profil zu stützen», folgert er. Die Smartvote-Fragen umfassten nicht das ganze Spektrum. «Ich rate daher den Wählern, das Gespräch mit den Politikern zu suchen.»
Die EVPlerin Sara Fritz zeigt sich mit ihrem Resultat zufrieden, auch wenn sie nur beim Umweltschutz eine hohe Punktzahl holt. «Ich denke, das widerspiegelt die typische Politik der Mitteparteien», sagt sie. «Die EVP ist nirgends extrem – nur beim Umweltschutz, ein bisschen», sagt sie. Alles in allem empfindet sie Smartvote als wichtige Wahlhilfe.
Miesch findet Smartvote Humbug
Fritz’ weitaus bekanntere Kollegin aus der Mitte schlägt da in die gleiche Kerbe. CVP-Nationalrätin und Ständeratskandidatin Elisabeth Schneider findet die Ergebnisse «spannend» und als Wahlhilfe «wichtig». Dass die Christdemokratin beim Umweltschutz eine relativ tiefe Punktzahl einfährt, überrascht sie aber. «Gemäss Umfragen bin ich in Sachen Umweltschutz ganz vorne.» Oft habe sie sich bei den Fragen für eine realistische Beantwortung entschieden, was einen Einfluss gehabt haben könnte. Dass sie im Vergleich zu anderen Mittepolitikern tiefe Werte beim ausgebauten Sozialstaat hat, habe nichts mit mangelndem sozialen Gewissen zu tun. «Wir haben aber in der Schweiz einen relativ gut ausgebauten Sozialstaat», meint Schneider. Pauschale Fragen wie «Befürworten Sie einen Ausbau des Sozialstaates?» habe sie daher mit «Nein» beantwortet.
Scharfe Kritik gibt es von rechts. Nationalrat Christian Miesch (SVP) hält nämlich gar nichts von Smartvote. Es verleite zum Panaschieren und koste die Parteien Stimmen. Bei ihm werde zudem der Eindruck vermittelt, dass er etwas gegen Einwanderer habe und sich nicht um den Umweltschutz schere. «Ich bin ein weltoffener Mensch», behauptet Miesch. Zudem hält er sich für umweltfreundlich. Es komme darauf an, was man macht und nicht, wie man welche Fragen beantworte. «Wenn sie wissen wollen, wie umweltfreundlich ich bin, dann können Sie mich zu Hause besuchen kommen», sagt er. Da werde noch Energie gespart.