Das Lufthygieneamt beider Basel hat die regionale Mobilfunk-Strahlung berechnet. Die Karte wirft Fragen auf.
Von knallrot bis hellblau: Das Lufthygieneamt beider Basel publizierte Mitte Februar die Karte zur Mobilfunkstrahlung für das vergangene Jahr, das sogenannte Immissionskataster (die bz berichtete). In den beiden Basel ist bis auf einzelne Parzellen die durchschnittliche Belastung mit nichtionisierender Strahlung abzulesen. Darunter fällt auch der Mobilfunk. Je röter ein Gebiet ist, desto höher seine Strahlenbelastung. Bei hellblauer Einfärbung ist mit wenig Strahlung zu rechnen. Zwar werden die Immissionsgrenzwerte überall klar unterschritten. Doch es gibt riesige Unterschiede – und viele Werte überraschen: So strahlt es auf Grünflächen stark, im St. Jakob-Park hingegen kaum.
Weshalb liegt der Rekordwert bei einem Haus an der Hebelstrasse? Hat das etwas mit dem benachbarten Institut für Pathologie zu tun?
Mit 15 Volt pro Meter (v/M) strahlt es an der Hebelstrasse 34 – laut Axel Hettich, Leiter nichtionisierende Strahlung beim Lufthygieneamt beider Basel, ist das der höchste Wert. Der Grund ist eine Mikroantenne in Bodennähe. Da das Amt die Strahlung auf einer Höhe von eineinhalb Metern errechnet, ist das relevant. Doch die 15 Volt pro Meter liegen weit unter dem Grenzwert für elektrische Feldstärke, der bei Mobilfunk zwischen 36 und 61 v/M beträgt.
Was ist, wenn eine stark strahlende Antenne auf einem Hausdach steht, wie etwa vis-à-vis des Musical Theaters? Sind die Wohnungen im Nachbarhaus auch betroffen?
Ja. Wenn eine Wohnung des Nachbarhauses genau auf oder nahe der Höhe der Antenne liegt, sind die Werte im Innenraum einer Wohnung höchstwahrscheinlich höher als in der Karte angegeben. Das Lufthygieneamt bezieht sich für seine Modellierung, wie beim Beispiel Hebelstrasse erläutert, auf die Höhe von 1,5 Metern und auf Aussenräume. Axel Hettich sagt, es könnte kein sinnvoller Durchschnittswert für alle Etagen einer Parzelle angegeben werden, da in einem Gebäude die Werte je nach Stockwerk schwanken.
Gerade in der Stadt gibt es etliche rötliche Flecken, also Inseln mit überdurchschnittlich hoher Strahlenbelastung. Es sind auffällig häufig Grünflächen, etwa der Schützenmattpark, die Claramatte oder die Dreirosenanlage. Weshalb ziehen Grünanlagen Strahlung an?
Das hat laut Axel Hettich mit der fehlenden Abschattung zu tun. Gebäude dämpfen nichtionisierende Strahlung, auch Hügel schwächen sie ab oder leiten sie um. «Fehlen solche Hindernisse», sagt Hettich, «kann sich die Strahlung von der Antenne ausgehend besser ausbreiten. Deshalb haben Freiflächen in der Regel höhere Durchschnittswerte als die benachbarten, meist dicht überbauten Quartiere.»
Warum ist die Rheinebene zwischen Muttenz und Augst fast durchgehend gelb eingefärbt, hat also höhere Werte als umliegende Gebiete?
Auch das ist mit der fehlenden Abschattung zu erklären. Die Rheinebene ist tendenziell flach und es fehlen weitgehend Hindernisse wie hohe Gebäude oder Bergrücken. Eine weitere Erklärung ist laut Axel Hettich, dass die Eisenbahn und die Autobahn A2 durch das Gebiet führen. Wo sich viele Menschen befinden, dort ist auch die Nachfrage nach Sendeleistung höher. Salt, Sunrise und Swisscom reagieren darauf. So deckt die starke Antenne auf der Fabrik von Chocolat Halba im Grüssengebiet unter anderem die nahe Ikea ab.
Es gibt Menschen, die angeben, äusserst empfindlich auf Handystrahlung zu reagieren. Sollten sie in «Funklöcher» ziehen, etwa an den Rand der Langen Erlen?
«Wir haben immer wieder solche Anfragen von Betroffenen», sagt Axel Hettich. «Wir sagen dann jeweils, dass Vorsicht geboten ist. Schon am andern Tag könnte ein Mobilfunkanbieter ein Baugesuch für eine Antenne in dem betreffenden Quartier einreichen.» Ein weiterer Punkt laut Hettich: Gerade in Grenzlage könne die Immission höher liegen als berechnet. Denn die Strahlung von Antennen im Ausland würde in den Modellierungen nicht erfasst. Kommt hinzu, dass die Nachbarländer höhere Grenzwerte kennen, was bedeutet: Die «ausländischen» Masten strahlen tendenziell stärker.
Im ländlichen Raum kann man einzelne stark strahlende Antennen ausmachen, etwa bei Bad Schauenburg. Müsste man einem Bauern davon abraten, seine Kühe neben einer solchen Sendeanlage grasen zu lassen?
Axel Hettich meint: «Die Grenzwerte werden überall eingehalten. Ich würde einem Bauern also die Empfehlung nicht erteilen, seine Tiere nicht in der Umgebung solcher Masten grasen zu lassen.»
Wir hätten erwartet, ihn als rote Fläche anzutreffen, bei Fussballspielen ist grosse Sendeleistung gefragt – das Stadion scheint jedoch erstaunlich hell, das Spielfeld ist sogar eine hellblaue Insel.
Das hat laut Axel Hettich damit zu tun, dass in den Stadionräumlichkeiten Indoor-Sendeanlagen installiert sind. Deren Emissionen fliessen in die Berechnungen des Lufthygieneamts jedoch nicht ein, spielen also für die Feldstärkekarte keine Rolle. Das heisst: Die Strahlung kann um das und im Stadion wesentlich höher sein als ausgewiesen, vor allem während Fussballspielen.
Im Gundeldingerquartier steht «erst» eine einzige 5 G-Antenne, das Quartier ist relativ gut abgeschattet gegen Strahlung. Wird mit dem Ausbau von 5 G die Strahlenbelastung steigen?
Das kann man so pauschal nicht sagen. Auf der Feldstärkekarte ist die gesamte Strahlung dargestellt, also die Summe aller Frequenzen 2 G (GSM), 3 G (UMTS), 4 G (LTE) und 5 G. Da die Anlagen heute schon meist bis zu den erlaubten Grenzwerten ausgelastet sind, muss bei einem Ausbau für 5G etwa die Sendeleistung für das 2 G-Netz reduziert werden. So gleicht sich das Total wieder aus – unter dem Strich bleibt die Belastung gleich hoch.