CVP-Kandidatin Esther Barandun hinterfragt gerne bestehende Vorstellungen.
Zeig mir, wie Du wohnst, und ich sage Dir, wer Du bist: Wer sich diesen Spruch für eine Charakterstudie von Esther Barandun zur Maxime macht, ist rasch überfordert. Gelbe Vorhänge, blaues Sofa, Kerzen brennen auf dem Tisch und in einer rosa Laterne auf dem Clubtisch. Hinter der Fassade dieses Hinterhauses in Riehen verbirgt sich eine angenehm schrille Wohnung. In der Mitte des Wohnzimmers steht Esther Barandun, Grabrednerin, Vielgereiste, Grossratskandidatin für die Basler CVP.
Wann Esther Barandun geboren wurde, mag sie nicht sagen. Über ihr Alter spricht sie ungern. So viel sei verraten: Man sieht es ihr nicht an. «Es spielt auch keine Rolle», sagt sie, «arbeiten werde ich sowieso bis 75.» In ihrem Dialekt klingen ihre unterschiedlichen Stationen in der Schweiz nach: Geburt in Zürich, Matur in Chur, danach Bern, Basel, Fribourg und schliesslich Riehen.
Barandun hat Theologie studiert und das Lehrerseminar absolviert, in einer Bibliothek gearbeitet wie auch in einem Flüchtlingszentrum nach dem Vietnamkrieg. Irgendwann übernahm sie eine Stellvertretung in einer Schule, für vier Wochen, hiess es. Daraus wurden elf Jahre. Bis heute ist Unstetigkeit die Konstante im Leben von Esther Barandun. Es ist ein Produkt ihrer Neugier.
Schnell wird es ihr zu eng. Die studierte Theologin war schon reformiert und katholisch, heute ist sie gar nicht mehr Mitglied einer Landeskirche. «Ich habe Gott für mich nicht mehr definiert», sagt sie und man merkt, dass solchen Sätzen ein langer Prozess vorausgegangen ist. Die Spiritualität verlassen hat Barandun indes nicht.
In der losen Serie «Ausreisser» porträtiert die bz Grossratskandidierende aller Parteien, die nicht so recht ins Profil passen.
2004 hängte sie ihren Lehrerberuf an den Nagel und wurde Zeremonienleiterin. Den grössten Teil ihrer Arbeit machen Bestattungen aus. «Eine schöne Arbeit», sagt sie. Erfolg ist für sie, wenn am Ende die Trauergemeinschaft gerade sitzt. «Dann habe ich sie aufgerichtet.»
«Thea steht für Göttin, Theos für Gott und Thealogin für weltoffene Sichtweisen», erklärt Barandun ihre Wortschöpfung. Dahinter steht weniger eine feministische Exegese der Bibel. Vielmehr ist es Baranduns Art, bestehende Vorstellungen kokett zu hinterfragen.
Für ihre jetzigen Vorstellungen von Gott und der Welt liess sie sich breiter inspirieren als von der zweitausendjährigen Geschichte der Christenheit, sie reiste zurück zu den Kelten und zu noch viel ursprünglicheren Glaubensvorstellungen. «Vieles davon spendet auch heute noch Trost», sagt sie. Für ihre Trauerreden stückelt sie so gerne zusammen, was auf den ersten Blick nicht zu passen scheint.
Den Christdemokraten trat Barandun schon vor Jahren bei. Sie selber verortet sich in der Mitte der Partei, mal konservativ, mal am linken Flügel. Tatsächlich ist es nicht ganz einfach, Barandun einzuordnen. Einerseits spricht sie sich klar für die Rechte von Homosexuellen aus und verheiratet sie auch gerne in Zeremonien.
«Die Familie ist wichtig, aber die Wirtschaft muss solche Forderungen auch immer stemmen können.»
Barandun selber hat keine Familie. Es hat sich halt nicht ergeben, und sie meint: «Ich selber habe ja schon genug Ideen, um drei Leben zu führen!» Ein Blick in die Wohnung und man glaubt es ihr sofort.
Wofür sie sich als Grossrätin einsetzen würde? «Das kann ich gar noch nicht richtig sagen», meint sie. «Ich bin überzeugt, meine Neugierde würde reichen, mich schnell zurechtzufinden.»
In der losen Serie «Ausreisser» porträtiert die bz Grossratskandidaten aller Parteien, die nicht so recht ins Profil passen.