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Basel
Ein Gemeinderat soll Steuerschulden bei der Gemeinde haben. Der Betroffene schweigt zu den anonymen Vorwürfen.
Eines ist an dieser Geschichte sicher: In Pratteln kursieren Gerüchte, wonach ein Gemeinderat hohe Schulden hat, offenbar auch Steuerschulden gegenüber der Gemeinde. «Ich erhalte sowohl E-Mails wie auch Briefe von verärgerten Bürgern», sagt Gemeindepräsident Stephan Burgunder. Einige forderten sogar bei ihm einen Termin ein, um das Thema zu besprechen. «Seit anderthalb Monaten spiele ich den Blitzableiter für den Ärger in der Bevölkerung», sagt der FDP-Politiker. «Es brodelt im Volk.»
Burgunder bestätigt, dass er das Thema mit dem angeschuldigten Gemeinderat persönlich besprochen und für die Gemeinde Pratteln eine Lösung gefunden habe. Trotzdem belastet das Thema die Zusammenarbeit im Gemeinderat. Burgunder hält fest, «dass sämtliche Gemeinderäte durch das Volk gewählt wurden und ich mit Verweis auf das Amtsgeheimnis nicht mehr dazu sagen darf». Insbesondere nennt der Gemeindepräsident nicht den Namen des Gemeinderats, der den Zorn einiger Stimmbürger hervorgerufen hat.
In Pratteln aber ist es ein offenes Geheimnis, dass sich die Gerüchte um den frisch gekürten SP-Gemeinderat Marcial Darnuzer drehen. Dieser war bei den Gesamterneuerungswahlen im Februar mit nur 24 Stimmen Abstand auf den CVP-Kandidaten Silvio Fareri gewählt worden, wodurch im Prattler Gemeinderat neu eine rot-grüne Mehrheit das Sagen hat.
Es gibt Hinweise, dass an den Gerüchten etwas Wahres sein könnte. Der bz liegt der Auszug eines Inkassounternehmens vor, wonach Darnuzer bereits vor zwei Jahren hohe Verlustscheine angesammelt hatte. Erstmals an die Öffentlichkeit gelangte die Geschichte, als Ende Mai im «Prattler Anzeiger» ein Leserbrief erschien, in dem von einem «im Februar 2020 frischgewählten Gemeinderat der SP» die Rede war, bei dem «finanzielle Laster» vorhanden seien. Jedoch stellte sich heraus, dass die Zuschrift mit einem falschen Namen signiert war. Der wahre Urheber konnte nicht eruiert werden.
Bisher haben die Kritiker nur aus dem Hinterhalt agiert, und das regt Darnuzer auf: «Ich habe die Nase voll von den anonymen Vorwürfen.» Sie hätten nichts mit seinem öffentlichen Amt zu tun. Zu seiner privaten Situation werde er nicht öffentlich Stellung nehmen, das gehe niemanden etwas an. «Ich bestätige gar nichts, es ist meine private Angelegenheit», sagt Darnuzer.
Gleichwohl fährt er fort: «Seitdem ich Politik mache, bin ich nie betrieben worden. Alles ist bezahlt, und die Vergangenheit ist geregelt, sonst hätte ich gar nicht die Energie zum Politisieren.» Darnuzer wurde 2016 im zweiten Anlauf in den Prattler Einwohnerrat gewählt, nachdem er bereits vier Jahre zuvor erfolglos kandidiert hatte. In diesem Frühjahr erfolgte mit der Wahl in den Gemeinderat der vorläufige Höhepunkt seiner politischen Karriere.
Laut einer verlässlichen Quelle soll der Gesamtgemeinderat seinem kritisierten Mitglied nahegelegt haben, den Gerüchten öffentlich zu entgegnen und reinen Tisch zu machen. Darnuzer soll erwidert haben, er werde ein solches Vorgehen prüfen. In der Zwischenzeit fühlt sich Burgunder von den vielen Reaktionen aus der Bevölkerung unter Druck gesetzt. Zwar räumt er ein, dass die Situation seines Gemeinderatskollegen ihn vermutlich nicht an der Ausübung seiner Amtspflichten behindern würde. «Ich erwarte jedoch, dass Stellung gegenüber der Bevölkerung bezogen und die Situation geklärt wird. Mir selber sind die Hände gebunden.» Er hofft, dass der betreffende Gemeinderat sich öffentlich erklärt, genauso wie er ihm die Situation erklärt habe.
Darnuzer dagegen bietet seinen Kritikern an, seine Situation unter vier Augen darzulegen, sofern diese aus der Anonymität treten. Mit dieser Haltung erhält der SP-Mann Unterstützung von seiner Partei. «Man muss nicht zu jedem Gerücht Stellung nehmen», sagt Tobias Schaub, Co-Präsident der SP-Sektion Pratteln Augst Giebenach. «Es gibt eine wichtige Grenze zwischen dem, was öffentlich ist, und dem, was privat ist.»
Vielmehr müsse man sich die Frage stellen, wer in Pratteln solche Gerüchte streue. «Die neue rot-grüne Mehrheit gefällt den Bürgerlichen nicht», sagt Schaub. «Darum haben manche Interesse daran, einige Gemeinderäte zu diffamieren.» Auch Darnuzer vermutet eine Racheaktion der unterlegenen Bürgerlichen: «Viele verkraften es nicht, dass ich in den Gemeinderat gewählt worden bin.»
Für Burgunder «steht absolute Transparenz im Vordergrund und das normalerweise vor der Wahl». Er betont, dass die Zusammenarbeit mit dem betreffenden Gemeinderat sonst gut sei. «Wenn er in der FDP wäre, würde ich ihm sagen, er solle sofort für reinen Tisch sorgen.»