Die Basler Singer/Songwriterin Bettina Schelker spricht über ihre Liebe zu ihrem Hauptintsrument.
«Ich muss keine Sekunde überlegen: Wenn es brennt, dann rette ich meine Taylor. Das ist die Akustikgitarre, mit der ich dreimal um die Welt gereist bin. Das Instrument begleitet mich seit 20 Jahren. Es war ein Geschenk meiner Grossmutter.
In unserer Sommerserie «Feuer und Flamme» erzählen Basler Kulturschaffende, welches Objekt sie aus ihrem brennenden Haus retten würden, wenn Menschen und Tiere in Sicherheit wären.
Sie erkannte früh, wie viel mir an der Musik liegt, und ihr war wichtig, dass ich mir etwas Richtiges auslese. Also ging ich nach Lyssach in das damals grösste Musikgeschäft der Region, spielte mich durch das ganze Sortiment und landete schliesslich bei diesem 3500 Franken teuren Instrument. Das hätte ich mir damals selber niemals leisten können.
Ich habe in meinem Leben schon sehr viele Gitarren gespielt, aktuell besitze ich ein knappes Dutzend. Aber die Taylor passt am besten zu mir. Es gibt schönere, es gibt je nach Einsatzgebiet vielleicht auch besser klingende, aber für mich ist sie als Allround-Arbeitstier unschlagbar. Die Modellbezeichnung lautet 315G-irgendwas, und sie hat eine Jumbo-Bauform, ist also etwas grösser und hat dadurch sehr starke Bässe. Ich bin mir sicher: Wenn ich diese Gitarre dabei habe, dann komme ich überall auf der Welt durch.
Natürlich sieht man der Gitarre an, was sie schon alles mit mir durchgemacht hat. Ich habe grosse Hände und spiele nicht sehr zimperlich. Das war schon vor meiner Zeit als Boxerin so, aber ich nehme an, dass ich durch das Training nicht feinfühliger wurde beim Spielen. Einmal musste sie in Reparatur, weil das Holz gesprungen war. Das lag aber nicht an mir: Ich bin an sich vorsichtig und lasse die Gitarre nie auf der Bühne stehen, sondern verräume sie jeweils sofort im Koffer.
Als ich zu meiner ersten Australientour aufbrach, hatte ich aber zu viel Gepäck dabei. Mein Rucksack wog 25 Kilo. Mit dem randvollen Gitarrenkoffer hätte ich 700 Franken draufzahlen müssen für das Übergewicht. Also habe ich am Zürcher Flughafen umgeräumt und den Gitarrenkoffer irgendwo neben einem Mülleimer stehen lassen. Ich hoffe, es kam deswegen nicht zu einem Polizeieinsatz wegen Bombenalarm. Ich bin dann mit der nackten Gitarre an Board, und dabei ist das Holz auf der Korpusrückseite gesprungen.
Es freut mich sehr, dass meine Grossmutter noch miterlebt hat, auf wie vielen Tourneen ich das Instrument gespielt habe. Ich war drei Mal in Australien und auf zahllosen Konzert-Reisen in Europa. Ich denke, dass ich gut 1000 Konzerte mit dieser Gitarre gegeben habe.
Die grosse Ausnahme war ironischerweise ein Heimspiel an der Baloise Session im Vorprogramm von Eric Clapton: Ich dachte, ich bräuchte für dieses Setting etwas Hübscheres und habe mir eine Gibson geleistet. Aber auf der Bühne habe ich gemerkt, dass die Taylor, die zuhause im Koffer lag, eine Seele hat. Ich habe da oben im Rampenlicht wirklich ein schlechtes Gewissen bekommen. Ich habe meine Gitarre mit einer anderen betrogen. Und sie hat mich ihren Unmut spüren lassen.
Ich gehöre nicht zu den Menschen, die ihren Instrumenten einen Namen geben, aber die Taylor nenne ich Taylor. Das ist ja neben dem Markennamen praktischerweise ein Vorname. Und zudem einer, der geschlechterneutral ist. Heikel oder überbehütend bin ich nicht. Wenn andere Musiker darauf spielen wollen, ist das voll ok für mich. Vorausgesetzt sie fragen vorher.
Auf einer Tour, wo ich den Support für den US-amerikanischen Gitarristen Eric Gales gemacht habe, hatte ich vor dem Essen auf der Bühne alles parat gemacht, weil der Zeitplan so eng war. Als ich dann zurück kam in den Club, sah ich den leeren Gitarrenständer. Nach einem Schreckmoment fand ich die Gitarre backstage. Eric hatte sie sich geschnappt und umgestimmt, um sich damit warm zu spielen. Ich war extrem wütend und das hat er gemerkt. Er hat sich aber nach dem Gig förmlich entschuldigt und dann war es für mich auch erledigt.
Ein zunehmend grosses Problem beim Touren ist der Instrumententransport im Flugzeug. Die Regelungen beim Handgepäck sind stets unklar und man ist dem Goodwill des Personals ausgeliefert. Also habe ich mir angewöhnt, die Taylor als normales Gepäckstück aufzugeben. Aber wenn der Gitarrenkoffer dann auf dem Rollband davongetragen wird, muss ich jeweils kurz leer schlucken.
Bei meinem letzten Ausflug nach Los Angeles im Juli 2019 hatte ich sie allerdings nicht dabei, obwohl ich dort mein kommendes Album eingespielt habe. Ich habe meine Spuren grösstenteils in einem Basler Studio eingespielt, und Carl Verheyen (Sessiongitarrist für Supertramp), der mein Album produziert, besitzt schliesslich auch die eine oder andere brauchbare Gitarre.
Aktuell wäre ich mit seiner Band auf Tour, um das Album zu promoten, aber da hat uns Corona einen Strich durch die Rechnung gemacht. Zum jetzigen Zeitpunkt ist noch nicht ganz klar, ob und wann wir die Daten nachholen können. Vielleicht stehe ich am Ende dann wieder ohne Band auf der Bühne. Aber alleine bin ich dann nicht – ich habe ja Taylor dabei.
Bettina Schelker ist Sängerin, Gitarristin und Songwriterin. Mit ihrer Lebenspartnerin leitet die 48-Jährige die Kids Camp International School in Oberwil. 2004 war Schelker Schweizermeisterin im Boxen.
Bislang hat sie sechs Soloalben veröffentlicht sowie zwei mit der Basler Formation Blackberry Brandies, mit denen sie als Support von Eric Clapton an der Baloise-Session auftrat. Mehrfach war sie auf Tour – unter anderem als Support der britischen Rockband Chumbawamba oder des US-amerikanischen Gitarristen Carl Verheyen (u.a. Supertramp), der ihr kommendes Album «Anonymous» in L.A. produziert hat. Die Plattentaufe geht am 7. November im Atlantis über die Bühne. (sts)