Simon Morgenthaler besucht für die ‹Schweiz am Wochenende› frei assoziierend und fabulierend Basler Orte mit prägnanten Namen. Dabei macht er sich viele falsche Freunde und begibt sich zielstrebig auf Irrwege.
Wie ich am schalen, fast riechbaren Wässerchen des St. Alban-Teichs entlang spaziere, denke ich nichts Böses, höchstens ein paar hitzige Gedanken wegen der etwas zu heissen Hitze, auch der Mann, der gerade die Entleerung seines Hundes in einem umgestülpten Plastiksäckchen verschwinden lässt, scheint frohgemut, der parfümierte, florale Streifwind einer vorbeikollabierenden Joggerin tut sein Übriges. Sommerliche Stimmung.
Es ist angenehm im Schatten des Betons und der Lärmschutzwände der Autobahn, rechts laden halbverborgen und dunkel einige Schrebergärten, die nicht vergessen zu haben scheinen, woher ihr Namen kommt. Kurz nachdem der Bach links unter dem Bollwerk verschwindet – so stelle ich mir einen zeitgemässen Acheron vor –, ragt, schlaufenförmig umwunden von einer Rampe, die eine Etage höher führt, eine marmorne Stele auf. Ob Totem- oder Marterpfahl ist schwer zu erkennen: Zwar scheinen die kryptischen Symbole in den Volutenzentren und das Wechselspiel von strengen Quadern und geschwungenen Säulen auf harmonisch Höheres zu verweisen, doch die Umgebung samt praktischem Steg für Schaulustige evoziert eher ein anderes, düsteres Szenario. Desungeachtet folge ich der Windung und steige beschwingt die Rampe empor.
Ein Sausen, das mich an Familienurlaub erinnert. Fast schwelgerisch schreite ich auf eine kleine Erhöhung zu, eine Art Terrasse, dreieckig, von einem Mäuerchen umgeben, darauf drei Bäume. Die Treppe hoch, setze mich auf die Bank linkerhand. Wie ich meine Füsse ausstrecke, stosse ich an eine leere Bierbüchse. Ich schliesse die Augen. Konstantes Brausen, Meer oder Wasserfall, eine gasfeine Brise geht… vom einen zum anderen Baum sehe ich eine Hängematte gespannt, in der ich, das Bier schon leergetrunken, baumle, zum nächsten Baum führt eine Lichterkette, die farbigen Köpfchen lugen lustig aus ihren enghalsigen Fassungen, das Dreieck schliessend ist eine Wäscheleine geknüpft: die nassen Badehosen hängen schlaff und wie ermüdet, dann der Schrei eines exotischen Vogels.
Ich schrecke auf, eine Bremse beisst mich ins Ohr, ich schaue verwundert zu den Zuggeleisen. Aus dem Idyll gerissen, stehe ich auf, gehe die Treppe zur Strasse hoch. Auf der anderen Seite führt ein kleiner, asphaltierter Weg weiter, die «Galgenhügel-Promenade», ehemalige Hinrichtungsstätte, wie ich auf einem Schild lese. Gleich hinter der Tafel ein Kindergarten. Ich denke mir nichts Böses, promeniere weiter.