Ortswechsel
Das Basler Philosophicum sucht nach neuen Perspektiven

Der Kulturbetrieb muss die Druckereihalle des Ackermannshofes abgeben und denkt über eine Veränderung nach.

Hannes Nüsseler
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Nadine Reinert, Co-Leiterin des Philosophicum, mit Stefan Brotbeck.

Nadine Reinert, Co-Leiterin des Philosophicum, mit Stefan Brotbeck.

Nicole Reichenback

Mit Blick auf das Zehn-Jahr-Jubiläum hatte das Philosophicum vergangenen August in der Druckereihalle des Ackermannshofes zu den «Zukunftsgesprächen» geladen, um sich mit der betrieblichen und inhaltlichen Ausrichtung der Kultur- und Bildungseinrichtung auseinanderzusetzen. Angeregt wurden vom Publikum «lebendige Prozesse, Unerwartetes, aber auch Willkommenes».

Ein knappes halbes Jahr später trat das Unerwartete ein, unwillkommen: Die bz berichtete am 21. Januar 2021, dass Sternekoch Flavio Fermi ein neues Lokal eröffnen und dafür die vom Philosophicum genutzte Druckereihalle übernehmen werde. Die Eigentümerschaft des Ackermannshofes, zu der auch die Stiftung Edith Maryon gehört, hatte die Kultureinrichtung mit ihren Plänen überrumpelt.

«Wir waren über die Aussage, dass die Druckereihalle nun dem Restaurant zur Verfügung stehen würde, sehr überrascht», sagt Nadine Reinert, die das Philosophicum gemeinsam mit Initiator Stefan Brotbeck leitet. Man habe darauf das Gespräch gesucht, auch mit den neuen Pächtern, um für die nähere Zukunft einen gemeinsamen Weg zu finden. Reinert beteuert:

«Das sind ganz feine Leute, menschlich gesehen ist das eine Bereicherung und setzt auch neue Akzente.»
Nadine Reinert, Co-Leiterin Philosophicum Basel.

Nadine Reinert, Co-Leiterin Philosophicum Basel.

Nicole Reichenback

Im Zusammenhang mit dem Ackermannshof stelle sich allerdings die Frage, welche Vision verfolgt werde – und da gehen die Ideen auseinander. «Es wäre schön gewesen, wenn wir die Eigentümerschaft von unseren Ideen hätten überzeugen können.» Aber das sei bei einem Haus, das so verschiedene Interessen unter ein Dach bringe, vielleicht auch einfach zu viel verlangt. «Einerseits muss Umsatz erzielt werden, andererseits ist die Kultur nicht zwingend selbsttragend», so Reinert. «Uns geht es darum, einen Ort für Tiefgang und Konzentration zu schaffen.»

Ab diesem Monat teilt sich das Philosophicum die Halle also mit Fermis Restaurant, was die bis Sommer 2022 geplanten Projekte und Veranstaltungen allerdings nicht tangiert. Auch finanziell lässt sich die Doppelnutzung verschmerzen: «Selbst wenn die Druckereihalle für Anlässe jeweils vermietet wird, sind für das Philosophicum die freien Kulturspenden und Projektfinanzierungen die entscheidenden Einnahmequellen», erklärt Reinert.

Klein, aber vielfältig

Die Zukunft des Kulturbetriebs im Ackermannshof bleibt aber offen. Vorerst zieht das Philosophicum innerhalb des Gebäudeensembles ins ehemalige Atelier von Dieter Roth um. Dadurch werden Veranstaltungsraum und Arbeitsort zusammengelegt. Die neuen räumlichen Gegebenheiten bringen Einschränkungen mit sich, was das Publikum vor Ort betrifft. Andererseits führt es zu einer neuen Konzentration, wie Reinert sagt: «Das ist auch Ausdruck eines neuen Konzepts, einer Fokussierung, die wir verfolgen.»

Grundsätzlich aber sei der Kulturbetrieb nicht an einen spezifischen Ort gebunden, erklärt Reinert. «Das Philosophicum versteht sich nicht als Raum, sondern als eine Intention: Es kann überall Wurzeln schlagen.» Ohnehin wolle man vermehrt in die Stadt und in die Umgebung gehen, online und publizistisch präsenter sein und überhaupt neue Wege beschreiten.

Das für September anstehende Zehn-Jahr-Jubiläum soll aber noch im Ackermannshof gefeiert werden. «Wir freuen uns schon jetzt», erklärt Reinert. Man arbeite intensiv an zukünftigen Veränderungen «im Sinn einer Metamorphose», wolle sich selbst aber treu und als autonome Kultur- und Bildungseinrichtung bestehen bleiben. «Wir sind zwar klein, doch sehr vielfältig und dadurch manchmal nicht richtig fassbar», erklärt Reinert. Ausschlaggebend seien die Interessen der Menschen, die hier arbeiteten.