Tierschutz
Klares Nein zur Primaten-Initiative: Drei von vier lehnen Grundrechte für Affen ab

Die Primaten-Initiative ist an der Urne deutlich gescheitert. Fast 75 Prozent der Stimmbürger haben ein Nein eingelegt. Die Tierschützer sind mit dem Erreichten dennoch zufrieden.

Jonas Hoskyn
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Zoo-Direktor Olivier Pagan und Gesundheitsdirektor Lukas Engelberger diskutieren über das Nein zur Primaten-Initiative.

Zoo-Direktor Olivier Pagan und Gesundheitsdirektor Lukas Engelberger diskutieren über das Nein zur Primaten-Initiative.

Roland Schmid

Ein Nein hatten sowohl Befürworter wie auch Gegner der Primaten-Initiative erwartet. Aber dass es so deutlich ausfällt, überraschte beide Seiten. Drei von vier Baslerinnen und Basler stimmten gegen das Anliegen, Primaten Grundrechte zuzugestehen. Zum Vergleich: Die erste Initiative der Tierschutz-Organisation Sentience Politics, welche forderte, dass der Kanton vegetarische und vegane Ernährung fördere, kam vor drei Jahren immerhin auf einen Ja-Stimmen-Anteil von einem Drittel.

Und auch im Vergleich zur Abstimmung zum Grundeinkommen, das einen ähnlichen Paradigmenwechsel bedeutet hätte und ebenfalls weit über die Kantonsgrenze hinaus strahlte, schneidet die Primaten-Initiative schlecht ab. Diese schaffte in Basel 36 Prozent Ja-Stimmen.

Weltweites Echo auf die kantonale Initiative

Das deutliche Nein überrascht einerseits: So haben SP und Grünes Bündnis zusammen einen Wähleranteil von rund 50 Prozent. Gleichzeitig war die Initiative auch in linken Kreisen umstritten. Schlussendlich blieb die Sentience Politics, welche die Initiative lanciert und die juristischen Kämpfe bis vor Bundesgericht ausgefochten hatte, auch im Abstimmungskampf isoliert.

Kampagnenleiterin Tamina Graber zeigte sich trotz der deutlichen Niederlage zufrieden:

«Das Nein ist eine verpasst Chance. Aber ich bin auch stolz auf das, was wir erreicht haben».

Erstmals sei über die Frage abgestimmt worden, ob auch Tiere Grundrechte bekommen sollten. Die Initiative habe ein weltweites Medienecho ausgelöst. «Viele Leute haben sich dadurch erstmals mit der Thematik beschäftigt», sagt Graber. Starke Gegnerschaft aus Zolli und Pharma Auch Tierphilosoph Markus Wild betont das Erreichte:

«Es ist nun juristisch anerkannt, das Grundrechte auch für Tiere möglich sind. Das ist ein wichtiges Signal.»

Für die wuchtige Ablehnung der Initiative sieht Wild drei Hauptgründe: Einerseits hätten der Basler Zoo und die Pharma-Unternehmen Roche und Novartis, die beide im Nein-Komitee sassen, eine starke Phalanx gebildet. «Dazu kommt: Die Initiative war ein Schritt in eine neue Richtung. Bei vielen entstand eine grosse Verunsicherung, was das bedeutet.» Und nicht zuletzt hätten sie auch noch Terminpech gehabt, meint Wild mit Blick auf die gestrigen nationalen Abstimmungen:

«Die radikale Tier- und Menschenversuchsverbot hat uns sicher Stimmen gekostet. Viele haben wohl die Themen vermischt.»

Solche Paradigmenwechsel bräuchten immer mehrere Anläufe, meint Grünen-Grossrätin Michelle Lachenmeier, die sich ebenfalls für die Initiative starkgemacht hat. Sie ist überzeugt: Viele hätten nicht Nein gestimmt, weil sie mit dem Status quo zufrieden sind, sondern weil ihnen die Initiative nicht entsprach:

«Die Debatte über den Umgang des Menschen mit Tieren und der Natur geht erst richtig los.»

Zoo-Direktor sieht eine rote Linie überschritten

Zoo-Direktor Olivier Pagan sieht im deutlichen Nein eine «Bestätigung der Bevölkerung zur Rechtslage, die wir aktuell haben». Es brauche keinen Paradigmenwechsel. «Wir haben genügend Werkzeuge zur Verfügung, um den Tierschutz zu verbessern, wenn es nötig ist.» Das Resultat zeige auch, dass die Bevölkerung der Meinung sei, dass es besser ist, wenn Fachleute die Entscheidungskompetenz haben und nicht Juristen, so Pagan. Das Thema war während der Abstimmungsdebatte aufgekommen, etwa als darum ging, wer im Fall eines todkranken Tiers entscheiden dürfte, ob dieses eingeschläfert werden darf oder nicht.

«In einem urbanen, städtischen Milieu wird sehr schnell über einen Paradigmenwechsel diskutiert, ohne dass man sich überlegt, welche Konsequenzen das haben kann», sagt Pagan. Für ihn wurde mit der Initiative eine rote Linie überschritten, weil die Frage von Grundrechten von Mensch und Tier vermischt wurden.

Auch der zuständige Regierungsrat Lukas Engelberger zeigte sich zufrieden mit dem deutlichen Resultat:

«Die grosse schweigende Mehrheit fand die Frage wohl zu symbolisch und befürchtete schwierige Folgefragen bei einem Ja».

Der Umgang von Mensch und Tier werde sicher weiterhin aktuell bleiben, «aber von nun an wird dies wieder im klareren Rahmen des Tierschutzes thematisiert werden», so Engelberger.

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