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Auf Twitter gibt sich ein Baselbieter unter dem Namen «Birnweich Burgener» als Parodie des FCB-Eigentümers aus.
Im Berufsalltag, im Privatleben und auf den sozialen Medien laufen die Diskussionen rund um die Situation des FC Basel heiss. Auf der Plattform Twitter hat sich in den letzten Monaten ein neues Phänomen entwickelt: Nutzer, die sich über anonyme Twitterprofile satirisch mit der FCB-Führung befassen. Der wohl bekannteste ist «Birnweich Burgener».
Früher nannte man mich auch "bär'nhard", heute nennen mich meine Freunde "bir'nweich". #rotblaulive
— Birnweich Burgener (@bireweich1893) August 29, 2020
In einer Zeit ohne glaubwürdigen FCB, ohne Herbstmäss, ohne Fasnacht, ist ein anonymer Twitter-Account die digitale Fasnachts-Larve der heutigen Tage.
— Birnweich Burgener (@bireweich1893) August 30, 2020
Es gilt die Narrenfreiheit und, selbstverständlich, die Larve-Pflicht. #rotblaulive #zämmestark
Ein Profil, auf welchem sich ein 28-Jähriger als Parodie von Bernhard Burgener ausgibt. Bis letzten Sommer hatte der Urheber des Profils noch etwas Vertrauen in Burgener und dessen CEO Roland Heri. «Dann kam der Abgang von Alex Frei, einem meiner Idole», sagt Steve, der seinen echten Namen lieber nicht in der Zeitung lesen will und den wir am Fusse des Turms mit der FCB-Geschäftsstelle treffen.
In jener Nacht Ende August habe er nicht schlafen können und am nächsten Tag sei «Birnweich Burgener» entstanden. Was aus «Emotionen, Blödsinn im Kopf und Lockdown-Langeweile» entstanden ist, erreicht unterdessen ein recht breites Publikum. Zwar folgen dem Profil nur rund 330 Leute, die Beiträge wurden in den letzten 28 Tagen gemäss Auswertungen von «Twitter-Analytics» aber bis zu 254’000-mal wahrgenommen.
Bei meinem Treffen mit den Verantwortlichen von @ChennaiCityFC kürzlich bewunderten die indischen Kollegen die reiche Pharma-Stadt Basel.
— Birnweich Burgener (@bireweich1893) August 30, 2020
"Ihr sind s wirtschaftligge Megga, aber mir, mir hän dr Cecca."#rotblaulive #zämmestark
«Birnweich Burgener ist nicht politisch», unterstreicht der Baselbieter, der selbst jahrelange politische Erfahrung in seinem Rucksack hat, die Wichtigkeit des unpolitischen Austauschs. Das anonyme Profil bildet also einen Gegensatz zu seinem eigenen Berufsleben, in welchem er Positionen einnehmen muss. Ausserdem gehe es im Fussball eben nicht nur um Unterhaltung, sondern um die Verbindung, die unabhängig von politischen Einstellungen, sozialer Herkunft und nationaler Grenzen entstehe. Genau deshalb schmerze die hiesige Situation auch so, in welcher sich der FCB befinde. «Genau jetzt, wo soziale Kontakte und der zwischenmenschliche Austausch durch die Pandemie sowieso schon stark eingeschränkt sind, fällt auch der FCB in sich zusammen. Es fehlt etwas.»
Ja, @HerrjoggelI und ich denken wirklich, dass wir damit davon kommen werden. #rotblaulive #zämmeweich
— Birnweich Burgener (@bireweich1893) March 1, 2021
Die Anonymität ist nötig, da sie den Ablauf und den Ausgang persönlicher Gespräche über Twitter positiv beeinflusst. «Ich führe als Birnweich Gespräche, die nicht auf Vorurteilen beruhen, und unterhalte mich auch mit Leuten, die ich privat schon kennen gelernt habe», so Steve. Sobald politische Gesinnung ins Spiel komme, würden Gespräche anders ablaufen. Überraschend sei ausserdem die Offenheit vieler gegenüber einer anonymen Person. Er habe auch schon Unterhaltungen mit bekannten Leuten aus der Stadt geführt, die ihm recht offen Informationen weitergegeben hätten. Das Ziel seines anonymen Accounts sei nicht, jemanden zu betupfen, «ausser die Herren im Turm», sagt Steve und lacht.
Birnweich Burgener ruft alle Kunden dazu auf, an dieser Kund-Gebung teilzunehmen! #rotblaulive https://t.co/zchQrNqcVg
— Birnweich Burgener (@bireweich1893) March 1, 2021
«Der Populist schaut einfach, was funktioniert, und arbeitet dann damit. Das will ich mit diesem fingierten Charakter nicht.» Er wolle die Stimmung der Leute auffangen und pointiert formulieren, sie sichtbar machen. «Ich glaube, ich habe einen Nerv getroffen.» Am ersten Tag seiner Aktivität als «Birnweich Burgener» hatte er schon den ersten Trittbrettfahrer, einen «Herr I», der auf den Zug der anonymen Anti-FCB-Satire aufsprang. Aus dem Trittbrettfahrer wurde relativ rasch ein Sidekick in Anspielung an Roland Heri. Jedoch verfolgen nicht alle anonymen Profile die gleiche Linie wie Birnweich und Herr I: «Ein anonymer User hat einmal einen Ex-FCB-Spieler auf Twitter angegriffen, der ihm Feigheit aufgrund der Anonymität vorgeworfen hatte, da musste ich dann die Wogen glätten und mich davon distanzieren, denn darum geht es mir nicht.»
Zur Erklärung:@VStocker89 hatte mich aufgefordert, endlich zurückzutreten.
— Birnweich Burgener (@bireweich1893) March 1, 2021
Dieser Aufforderung bin ich natürlich nachgekommen, wobei sich der Spieler dabei leider verletzt hat. #rotblaulive pic.twitter.com/z2mTeiwqbK
Manchmal komme man sich bei anonymen Unterhaltungen mit anderen Nutzern etwas unfair vor. Als «Troll auf den sozialen Medien» lasse man natürlich auch etwas «den Seich im Kopf» und den Frust heraus, seufzt Steve. «Irgendwo in diesem Turm sitzt Roland Heri, schaut herunter und fotografiert mich. Dann kommt nächste Woche eine Richtigstellung des FC Basel mit meinem Outing.» Steve lacht und wendet seinen Blick wieder der Birs zu.