Seit einer ganzen Weile wärmt Disney einen Film nach dem anderen auf und verschlimmbessert sie unterwegs fröhlich. Mich persönlich nervt das. Andere macht es aber stinksauer. Und manchmal geht es dabei um sehr viel mehr als Kinderfilme.
Nächste Woche kommt die neue Version von «Arielle, die Meerjungfrau» ins Kino, und ich kann den Film jetzt schon nicht ausstehen. Nicht weil Arielle jetzt schwarz ist, sondern weil ihre Freunde jetzt «echt» aussehen. Denn ich hab Angst vor Fischen.
Vielleicht liegt es daran, dass ich mit fünf Jahren «Der Weisse Hai» gesehen und mich danach nicht mal mehr in die Badewanne getraut habe. Oder daran, dass meine Mama mich eine Zeit lang ständig in den Zoo mitnahm und es im Vivarium nicht nur dunkel und unheimlich war, sondern mich die Viecher dort mit ihren toten Augen angestarrt haben. Auf jeden Fall gehe ich heute noch nur unter grösster Überwindung in natürliche Gewässer, und wenn ich auch nur ein Guppy darin entdecke, renne ich quasi übers Wasser raus. Wie Jesus, nur weniger elegant.
Aber zurück zum Thema. Meine kleine Fischphobie ist nur der neuste Grund, weshalb ich Disney-Remakes einfach nicht mag. Erstens und das ist der harmlose Punkt: Ich finde, bisher konnte kein Remake mit dem Original mithalten.
Im aufgewärmten «König der Löwen»-Film geht die ganze Persönlichkeit in den leeren Gesichtern der «echten» Tiere flöten, weil – oh Wunder – Zeichentrick-Tiere tausendmal ausdrucksstärker sind.
In «Pinocchio» muss die kleine Marionette nicht mehr aus Fehlern lernen, um ein echter Junge zu werden. Stattdessen ist er ein komplettes Unschuldsengelchen und lernt, dass Lügen manchmal hilfreich sein kann.
Und in «Mulan» wurde gleich die ganze Story das WC hinuntergespült. Es wird nicht mal mehr gesungen! Stattdessen hat Mulan jetzt quasi Superkräfte und ist auch sonst perfekt.
Disney liebt es, seine Figuren zu verschlimmbessern. Sie radieren nicht nur sämtliche «Fehler» aus – egal, ob nötig oder nicht. Sie schmieren auch grosszügig die politische Korrektheit drüber. Sämtliche Prinzessinnen sind jetzt unabhängige, starke Bad-Ass-Frauen. Die Figuren sehen super-divers aus. Und das ist an sich ja tipptopp – aber es passiert nicht aus den richtigen Gründen. Damit wären wir beim zweiten und wichtigeren Punkt.
Ich glaube, Disney macht das längst nicht nur aus Goodwill, aus einem Sinn für Gerechtigkeit oder Anstand. Disney will Gratis-Werbung! Wie bekommt man das? Indem man Leute dazu bringt, darüber zu reden. Wann reden Leute darüber? Wenn sie sauer sind.
Und leider hat das relativ oft mit dem Thema Hautfarbe zu tun. Als jemand, der ohne Sonnenschutzfaktor 50 keinen Fuss vor die Tür setzt, bin ich nicht ganz die richtige Person für diese Diskussion. Ich habe das unfaire Glück, nie wegen meines Aussehens angegriffen worden zu sein. Also nur fürs Protokoll: Rassismus und Diskriminierung ist unter alles Sau.
Und ja, das muss gesagt sein, denn es gibt viele Menschen, die diese «Kontroversen» für ihre Politik ausnutzen. Sogenannte «Dog Whistler», die zunächst vernünftig klingen, nur um nach und nach radikaler zu werden, bis man als Zuhörer irgendwann bis zum Hals im Rassismus oder ähnlichen Gesinnungen steckt.
Dummerweise liefert Disney in ihrer Geldgeilheit eine willkommene Bühne dafür. Und sie sind nicht allein. Auch Netflix suhlt sich teilweise in dieser «Marketing-Strategie». So sorgt ihre aktuelle «Cleopatra»-Dokumentation praktisch ausschliesslich für Schlagzeilen, weil die ägyptische Königin darin dunkelhäutig ist. Ich habe keine Ahnung, ob das gerechtfertigt ist oder nicht, ich bin kein Experte. Aber das ist ganz egal, denn es geht nur um Politik.
Die eine Seite stört sich in dermassen ungesundem Ausmass an manchen Änderungen, dass sie die Filme ausschliesslich sehen, um darüber zu motzen. Das nennt man dann «Hate-Watching». Die andere Seite hebt den Film in den Himmel und schaut ihn sogar mehrmals, nur um ihn zu pushen. Ob er gut oder schlecht ist, ist für beide völlig wurst. Währenddessen verdienen sich Studios dumm und dämlich.
Und bereits jetzt flutet das nächste Disney-Remake meine Social-Media-Kanäle, weil erneut Leute sauer sind: Diesmal geht es darum, dass die Schauspielerin, die in «Lilo & Stitch» Lilos Schwester Nani spielen soll, nicht dunkel genug ist. Ob das nun so ist oder nicht, kann und will ich nicht beurteilen. Ich frage mich stattdessen, ob Stitch wohl auch so albtraumhaft rauskommt wie Arielles Grusel-Fische. Denn von ihm hat man bisher noch nichts gesehen. Aber wen interessiert das schon?