Persönlich
Durchgefallen

Olivia Meier
Olivia Meier
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Stresssituation Fahrprüfung: «Aber das wäre mir im «echten» Leben bestimmt nie passiert.»

Stresssituation Fahrprüfung: «Aber das wäre mir im «echten» Leben bestimmt nie passiert.»

Severin Bigler

Ganz bestimmt komme ich da durch, ich fahre super. «Frau Meier, das hat leider noch nicht ganz gereicht.» Eigentlich wollte ich stark und cool sein. Ich fange an zu heulen. Jetzt hat der Typ mich wirklich nicht durch die Fahrprüfung gelassen, für die ich gearbeitet und gespart habe. Naja, ich bin in einen Kreisel gefahren und habe das Auto von links übersehen, er musste reinbremsen. Aber das wäre mir im «echten» Leben bestimmt nie passiert. Und sonst war ich perfekt.

Okay, da war noch diese ältere Dame auf dem Zebrastreifen, die ich beinahe übersehen habe. Aber eben nur beinahe, ich habe noch vor dem Streifen gebremst. Wo ist also das Problem? Das Notbremsen funktionierte super. Und die Autobahn auch. Nach einigen Tagen (okay, fast zwei Wochen) habe ich mich erholt. Vielleicht sogar ein wenig eingesehen, dass ich berechtigterweise durchgefallen bin. Trotzdem wettere ich noch gehörig über den Fahrexperten und bin mir sicher, dass ich bei einem anderen Experten bestanden hätte. Immerhin geht es mir besser, wenn ich mir das einrede.

Bei der nächsten Fahrstunde, eine Woche später, habe ich Angst. Ich steige in dieses Auto, das mir zuvor noch wie der Inbegriff der Freiheit vorgekommen ist, und lege meine schweissigen Hände um das Lenkrad. Voller Respekt bediene ich das Gaspedal. Vor JEDEM Kreisel mache ich zur Sicherheit noch eine Bremsung, bevor ich ganz langsam reinfahre. Nach der Fahrstunde sagt mein Fahrlehrer, er würde mich nun wieder anmelden. Bloss nicht. Ich kann das nicht, getraue mich nicht und werde wieder versagen. Nach zwei Fahrstunden geht es mir besser. Ich düse wieder durch die Strassen. Ob er mich jetzt wieder anmelden könne, fragt der Lehrer vorsichtig. Na dann, auf ein Neues. Wish me luck!