An den Folgen von Wetterextremen starben in Europa seit 1980 rund 100'000 Menschen. Davon fielen laut dem Rückversicherer MunichRe 85'000 den Hitzewellen zum Opfer. Eine solche rollt diese Woche auf Basel zu.
Die Häufung und die steigende Intensität von Hitzetagen sind kein Zufall: Die vom Menschen verursachte Klimaerwärmung hat bisher weltweit einen Temperaturanstieg von durchschnittlich 0,9 Grad verursacht. In der Schweiz sind es sogar 2 Grad. Dass unser Land besonders empfindlich auf den globalen Anstieg des CO2-Ausstosses reagieren würde, prognostizierten Klimaforscher schon vor einem Jahrzehnt. Leider behielten sie Recht.
Stadtbewohner erleiden noch ein weiteres Phänomen: Über baumlosen, asphaltierten Strassen und Plätzen sowie in windstillen Höfen bilden sich fast unerträgliche Hitzeinseln. Zusätzlich exponiert ist Basel und Umgebung als wärmste Schweizer Region nördlich der Alpen. Bereits verdorren in den Langen Erlen die ersten Buchen, wie das Amt für Wald gestern meldete.
Gesundheitsschädigend sind aber auch die indirekten Folgen der Erwärmung. Bei Hitze nimmt die Ozonbelastung zu. Sie überschreitet seit Wochen die zulässigen Grenzwerte. Die Folgen sind Atemnot und Leistungsabfall. Langfristig kommt es zu Lungenschäden. Besonders gefährdet sind neben älteren Personen auch Kranke, Kinder und Sportlerinnen. Menschen über 80 reagieren am empfindlichsten. Bei Hitze und Ozon verordnen ihnen manche Ärztinnen und Ärzte am liebsten Hausarrest. Ebenso wird Kindern empfohlen, nicht draussen zu spielen.
Das löst berechtigte Empörung aus, weil Kinder ja nichts dafür können. Wer sind aber die Schuldigen? Vordergründig toben sich fleissige Ferienflieger und gedankenlose Autofahrerinnen und Autofahrer auf Kosten von empfindlichen Bevölkerungsgruppen aus. Diese sind wegen der hohen CO2-Emissionen anderer ans Haus gefesselt.
Doch herrscht in der Klimafrage zwischen Schuld uns Sühne ein subtileres Gleichgewicht. So mögen manche Greise wohl selbst schwere Klimavergehen auf ihrem Kerbholz haben, zum Beispiel wegen eines lebenslänglich übermässigen Fleischkonsums. Und vielleicht pilotieren die Eltern der Kinder, die nicht ins Freie dürfen, zwei abgasintensive Offroader.
Die Vermischung von Opfern und Tätern macht die Lösung des Problems nicht einfacher. Überdies ist jede Klimasünde für sich allein genommen völlig harmlos. Nur die Menge macht das Gift. Beim Klimaschutz muss ich mich deshalb darauf verlassen können, dass alle mitmachen. Um dies zu garantieren, sind staatliche Anreize, Gebote und Verbote unumgänglich. Wobei der technische Fortschritt mithilft und etwas Selbstbeschränkung nicht schadet.
Flankierend wäre es schön, wenn die Krankenkassen ihre Preispolitik überdenken würden. Sie könnten zum Beispiel Rabatte für den Verzicht auf Ferienflüge oder Privatautos gewähren. Das wäre jedenfalls für das Wohlbefinden aller wirksamer als Prämienabzüge, die man sich neuerdings mit Jogging erwerben kann. Denn Herumrennen ist – wie auch andere «Frischluft»-Sportarten – im Ozonsommer gesundheitsschädlich. Ausser vielleicht am frühen Morgen.