Den neuen Indendanten des Theater Basels, Andreas Beck, für den Wechsel im Ensemble zu kritisieren, ist absurd. Denn Intendantenwechsel heisst immer Ensemblewechsel. Das ist Theateralltag.
Da wird künstlich Ärger geschürt: Der neue Intendant Andreas Beck, der morgen am Theater Basel seinen ersten Spielplan vorlegt, wechselt auf die kommende Saison den Grossteil des Schauspiel-Ensembles und einen Teil des Opern-Ensembles aus, schreibt die «Schweiz am Sonntag». Das ist ja längst bekannt. Beck selber hat es an früheren Pressekonferenzen und öffentlichen Auftritten explizit formuliert. Und die Stadt erwartet es auch von ihm.
Beck tritt unter anderem mit dem Auftrag an, das Schauspiel in Basel in der Stadt und international wieder mit mehr Profil zu positionieren, es weit über die Region hinaus zum Gesprächsthema zu machen. Das heisst auch: Beck soll mit neuen Leuten, die eine unbändige Kunstleidenschaft und einen hohen Kunstanspruch mitbringen, ein aufwühlendes, aufregendes und verzauberndes Schauspiel machen. Er muss die in Basel traditionsreiche Sparte auf das hohe Niveau hieven, auf dem sich die Oper heute bewegt. Nicht nur einzelne Schauspiel-Inszenierungen sollen als Lichtblicke für etwas Furore sorgen, sondern der ganze Karren muss so in Fahrt kommen, dass das Theaterpublikum unserer Region neugierig und erwartungsvoll, ja ungeduldig jeder neuen Premiere entgegenfiebert.
Schon Frank Baumbauer, der Intendant, der 1989 mit dem gleichen Auftrag nach Basel kam, wusste: Das ist nur zu machen mit neuen Leuten, die den Karren kräftig anstossen und in Fahrt halten. Einzig, wer vom alten Ensemble mit aller Passion mitziehen kann, darf bleiben. Als 1993 Baumbauer ans Deutsche Schauspielhaus Hamburg weiterzog, nahm er wiederum viele mit. Auch unter Intendant Michael Schindhelm brachte Schauspielchef Stefan Bachmann 1998 seine Leute mit nach Basel. Die meisten zogen 2006 weiter, als Schindhelm und Bachmanns Dramaturg und Nachfolger Lars-Ole Walburg das Basler Haus verliessen. Danach schuf sich Elias Perrig, den Georges Delnon zuerst als Schauspielchef engagierte, ebenso sein Ensemble.
Der jetzige Basler Chef Tomas Schweigen, der Beck am Wiener Schauspielhaus ablöst, wird mit dem grossen Teil seiner freien Truppe «Far A Day Cage» weiterziehen. Schauspieler, Schauspielerinnen, Sänger, Sängerinnen und Tänzerinnen wie Tänzer erhalten Zeitverträge auf drei oder fünf Jahre beschränkt. Die Jungen wollen ohnehin danach weiterziehen an grössere, berühmtere Häuser. Sänger binden sich – wenn sie den grossen Karrieresprung geschafft haben – kaum fest an ein Haus. Gastverträge sind lukrativer. Wenigstens etwas hat sich seit der Antike und dem Mittelalter in den darstellenden Künsten nicht verändert: Schauspieler, Sängerinnen, Tänzer sind Wandersleute.
Schauspieler sind zwar, seit es städtische Theater mit einem festen Ensemble gibt, an einem Ort auf Zeit ansässig, aber nur auf Zeit, nur für einige Jahre. Jeder neue Intendant stellt ein neues Ensemble zusammen. Er bringt die Leute ans Haus, mit denen er fruchtbar zusammengearbeitet hat, und er sucht sich weitere neue, die in sein künstlerisches Programm passen und es auf möglichst hoher Qualität mit tragen, der Kunst das von ihm geforderte Profil geben.
Intendantenwechsel heisst immer Ensemblewechsel. Auch Regisseure arbeiten gerne mit den immer wieder gleichen Künstlern zusammen, deren Vertrauen und Verständnis sie geniessen. Das ist nicht nur in der «Familie» um den Theatermann und Stückerfinder Christoph Marthaler so. Dass einige Ensemblemitglieder, die bei einem Intendantenwechsel gerne blieben, dennoch gehen müssen, das ist auch Theateralltag, so hart er für den einen oder anderen ist. Letztlich ist es immer die von einem Intendanten bewertete Qualität, die entscheidet, wer an welchem Haus arbeitet. Das ist ebenso Theateralltag.
Wenn Andreas Beck das Ensemble bildet, dem er zutraut, bestes Schauspiel in Basel zu machen, dann ist das nicht nur sein Recht, er hat auch recht. Er muss die Menschen engagieren, die eine Theaterbegeisterung zu entfachen verstehen. Sein Auftrag ist ein rein künstlerischer. Den muss er erfüllen; daran wird er gemessen. Dazu braucht er als Regisseure, als Dramaturgen, als Menschen auf der Bühne die seines Erachtens Besten.