Haushalte, die weniger als 4500 Franken pro Monat verdienen, sollen eine «Energiezulage» erhalten – als Kompensation für die hohen Energiepreise. Das fordert Grünen-Ständerätin Maya Graf.
Eine soziale Abfederung der hohen Preise für fossile Energien: Das fordert Ständerätin Maya Graf (Grüne/BL). Zum Ende der Sommersession hat sie im Ständerat eine Motion eingereicht, die eine Energiezulage für Haushalte mit tiefem Einkommen verlangt. Konkret sollen Haushalte, deren Bruttoeinkommen unter 4500 Franken monatlich liegen, mit einer Prämienverbilligung für die höheren Energieausgaben entlastet werden. Ihre Fraktionskollegin Franziska Ryser (SG) reichte den gleichen Vorstoss im Nationalrat ein.
Der Heizölpreis hat sich innert des letzten Jahres verdoppelt. Wie Graf im Motionstext vorrechnet, bedeutet dies für Mieterinnen und Mieter in einer schlecht isolierten Vierzimmerwohnung jährliche Mehrkosten von 1600 Franken. Der Gaspreis entwickle sich analog, und auch die Treibstoffpreise würden steigen. Das werde für die Haushalte in der Nebenkostenabrechnung in einigen Monaten oder nächstes Jahr spürbar. Graf warnt:
«Problematisch, gar existenzbedrohend wird die Situation für jene Haushalte mit tiefen Einkommen, die bereits heute unter den hohen Mieten leiden.»
Deshalb brauche es eine gezielte Entlastung von Haushalten in bescheidenen wirtschaftlichen Verhältnissen – und zwar mit einer zeitlich befristeten Energiezulage. Diese soll Haushalten mit tiefem Einkommen mittels einer Prämienverbilligung zugutekommen, so der Vorschlag der Grünen-Ständerätin.
Die Höhe der Energiezulage will sie an die Jahresteuerung bei den Heizölpreisen koppeln. Allerdings solle nicht die Gesamtteuerung ausgeglichen werden, «sondern ein Teil», wie Graf auf Anfrage von CH Media schreibt. Sie denkt dabei beispielsweise an 50 bis 80 Prozent.
«Eine solche Lösung müsste kurzfristig und befristet bis beispielsweise Ende 2023 gelten.» Danach müsse die Teuerung in die Lohnentwicklung eingebaut werden. «Es geht um die Abfederung einer Preissteigerung, auf die mit anderen Mitteln nicht so rasch reagiert werden kann.» Mit den Prämienverbilligungen habe man bereits ein bewährtes System für die Unterstützung der Kaufkraft von Haushalten mit bescheidenen Einkommen.
Laut Graf wäre diese gezielte Entlastung «sinnvoller und zielgerichteter als die generelle Verbilligung von Treib- und Brennstoffen mit dem Giesskannenprinzip». Eine solche hatte die SVP gefordert. Doch die Vorschläge, die Mineralölsteuern zu halbieren und den Pendlerabzug zu erhöhen, waren im Parlament chancenlos. Dies bevorzuge die Gutverdienenden und sei nicht effektiv, präzisiert die Ständerätin auf Anfrage. «Staatliche Hilfe soll zielgerichtet und befristet an diejenigen gehen, welche es nötig haben.»
Auch die anderen Parteien präsentierten Vorschläge, was angesichts der hohen Energiepreise zu tun ist: Die FDP verlangte ein «befristetes Entlastungspaket», dessen Inhalt allerdings vage blieb. Die SP und die Mitte fordern gemeinsam einen Teuerungsausgleich für Rentnerinnen und Rentner sowie eine Verbilligung der Krankenkassenprämien.
In eine ähnliche Richtung zielen mit Grafs Vorstoss auch die Grünen. Doch das Anliegen scheint auf den ersten Blick ziemlich widersprüchlich: Seit Jahren fordern die Grünen politische Massnahmen, um fossile Energien zu verteuern. Und nun, da dies bedingt durch die Inflation und den Krieg in der Ukraine tatsächlich eintritt, wollen sie die Folgen abfedern. Dies verringert den Druck, um von fossilen Energien wegzukommen.
Maya Graf betont, dass steigende Energiepreise für Benzin und Heizöl nicht «allgemein verbilligt» werden sollen. «Die Folgen der schockartig gestiegenen Energiekosten müssen aber abgefedert werden.» Die Grünen gehen davon aus, «dass die fossilen Energieträger nie mehr so günstig werden wie in den letzten Jahren», schreibt sie weiter. Daher setze sich die Partei für den Umbau der Energiesysteme auf Erneuerbare ein. «Doch wir Grüne stehen genauso dafür ein, dass diese Transformation sozial verträglich zu gestalten ist.»
Die Motion geniesst im Ständerat Unterstützung bis in die Reihen der Mitte-Partei: Sieben Ständeratsmitglieder aus den Reihen der Grünen, der SP und der Mitte haben die Motion mitunterzeichnet.