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Jetzt ist es offiziell: Thierry Burkart ist neuer Präsident der FDP Schweiz. Die Delegierten wählten den Aargauer Ständerat am Samstag praktisch einstimmig.
Die Aufgaben, die auf das neue FDP-Präsidium warten, sind gross: Nicht nur muss es die Partei inhaltlich bezüglich Europa- und Klimapolitik auf Kurs bringen, sondern auch Schlüsselpositionen neu besetzen. Denn Generalsekretärin Fanny Noghero und Wahlkampfchef Damian Müller sind kurz vor dem Wechsel an der Spitze zurückgetreten.
Die FDP-Delegierten legen diese Herausforderungen vertrauensvoll in die Hände des Aargauer Ständerats Thierry Burkart. Sie wählten den 46-Jährigen am Samstag an ihrer Delegiertenversammlung in Biel mit 296 zu 3 Stimmen bei vier Enthaltungen zum neuen Präsidenten. Er war der einzige Kandidat für die Nachfolge von Petra Gössi (SZ). Und Burkart kommt nicht allein: Er wird von gleich vier Vizepräsidentinnen und -präsidenten unterstützt – die Ständeräte Johanna Gapany (FR) und Andrea Caroni (AR) sowie die Nationalräte Philippe Nantermod (VS) und Andri Silberschmidt (ZH).
Sie wollen die Partei gemeinsam voranbringen, einen, strategische sowie operative Belange zusammen entscheiden und das «liberale Feuer entfachen», sagte Burkart vor den Delegierten. Für ihn ist klar: «Die Schweiz braucht mehr denn je einen kompetenten, konstruktiven und starken Freisinn.» Denn das Land kranke an einem Reformstau.
Weiter betonte er, dass sie zum Pariser Klimaabkommen stünden. «Um diese Ziele zu erreichen, braucht es eine wirksame CO2-Politik.» Es benötige ein Gleichgewicht aus ökologischer, ökonomischer und sozialer Nachhaltigkeit. Gleichzeitig kritisierte er SVP und die Mitte-Parteien für deren Kurs – die SVP beispielsweise für deren Umgang und «Flirt» mit Coronakritiker, «nur um ein paar Stimmen zu erhalten».
Er rief die Delegierten dazu auf, eine freisinnige Familie zu sein und beschwor das «Wir-Gefühl». «Dann gewinnen wir die Wahlen 2023. Das muss unser Ziel sein.» Hauptaufgabe werde sein, Herausforderungen frühzeitig zu erkennen und Lösungen zu erarbeiten. Dazu müssten alle relevanten Kräfte in der Partei miteinbezogen werden. «Wir sind gewillt, mit allen zusammenzuarbeiten.»
Zur Zusammenarbeit rief auch die abtretende Präsidentin Petra Gössi auf. Der neue Präsident werde sich um die Partei kümmern, versprach sie. «Aber es ist die Aufgabe von allen, für unsere Anliegen zu kämpfen.» Ein Präsident sei nichts ohne ein Team. «Wir müssen alle zusammenhalten. Nur das ist der Weg zum Erfolg», sagte Gössi.
Sie bedankte sich für die Unterstützung und dafür, von der Partei stets getragen worden zu sein. «Es war mir eine grosse Ehre und Freude, Ihre Parteipräsidentin zu sein», sagte sie. Ihr sei bewusst, dass sie nicht immer so gehandelt habe, wie es viele vielleicht erwartet hätten. Als «riskant» und «untypisch» bezeichnete sie beispielsweise ihr Vorgehen, die Klimathematik im Wahljahr aufzugreifen. Bei ihren Entscheidungen sei aber stets die Partei im Zentrum gestanden.
Es sei immer spürbar gewesen, dass Gössi das Profil der Partei am Herzen liege, sagte Nationalrat Beat Walti (ZH). Bundesrätin Karin Keller-Sutter bedankte sich dafür, dass Gössi als freisinnige Frau Verantwortung übernommen habe. Dem schloss sich Nationalrätin Susanne Vincenz-Stauffacher (SG), Präsidentin der FDP Frauen Schweiz, an. Sie bezeichnete Gössi als politisches Vorbild. «Du warst mutig – nicht immer zur Freude von allen – und hast deine Überzeugungen mit Feuer und Leidenschaft vertreten», sagte sie. Die Delegierten verabschiedeten ihre Präsidentin schliesslich mit grossem Applaus.
Grossen, warmen und dankbaren Applaus für die scheidende Präsidentin, Petra Gössi❣️ pic.twitter.com/WfRsRWpIoq
— Doris Fiala (@DorisFiala) October 2, 2021
Über die Bedeutung des Freisinns für die Schweiz sprach auch Bundesrat Ignazio Cassis. Er kritisierte unter anderem die gestiegene Erwartungshaltung an den Staat, die sich während Corona beschleunigt habe. Konkret ging es ihm um die «Erwartung nach dem ewigen Fluss von staatlichen Hilfsgeldern». Das «Danke» zu Beginn der Krise habe sich in ein «Es ist mein gutes Recht» gewandelt. «Gratis-Geld ist kein Menschenrecht», betonte er.
Die Freisinnigen müssten daher stärker für ihre liberalen Überzeugungen kämpfen. Er wünschte daher dem neuen Parteipräsidenten «Mut, Kraft und Hartnäckigkeit», um das liberale Erbe in neuem Glanz erstrahlen zu lassen.
Die Delegierten fassten am Samstag die Parolen für die Abstimmungen vom 28. November. Bei der Volksinitiative «Bestimmung der Bundesrichterinnen und Bundesrichter im Losverfahren», der sogenannten Justiz-Initiative, fassten die Delegierten deutlich die Nein-Parole. Praktisch einstimmig Nein sagten sie auch zur Pflege-Initiative. Mehr Redebedarf hatten die Delegierten beim Covid-Gesetz. Schliesslich beschlossen sie aber doch deutlich mit 291 zu 10 Stimmen bei 11 Enthaltungen die Ja-Parole. Die Delegierten folgten mit ihren Entscheiden der Parteipräsidentenkonferenz.