PENSIONIERUNG
Abtretender Museumsdirektor Daniel Studer: «Man muss Abstand nehmen können»

Daniel Studer tritt Ende Juni nach 19 Jahren als Direktor des Historischen und Völkerkundemuseum St. Gallen (HVM) zurück und geht in Pension. Im Gespräch verrät er, was er mit der neu gewonnenen Freizeit anstellt und ob man ihn als Besucher in einer Ausstellung antreffen wird.

Diana Hagmann-Bula
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Daniel Studer vor dem Historischen und Völkerkundemuseum St.Gallen, das er in den letzten 19 Jahren «sauber organisiert» hat.

Daniel Studer vor dem Historischen und Völkerkundemuseum St.Gallen, das er in den letzten 19 Jahren «sauber organisiert» hat.

Bild: Ralph Ribi

Daniel Studer, wie fühlen Sie sich nach der Vernissage Ihrer letzten Ausstellung?

Ich bin dankbar, dass es mit dem Museum und meinem Jahrgang so gut aufgeht. Dass ich just in dem Jahr abtrete, in dem das Museum 100 Jahre alt wird. Die meisten hören irgendwie auf. Bei mir will es der Zufall, dass gejubelt wird. Ein würdiger Abschluss.

Wohl auch einer der Höhepunkte Ihrer Amtszeit. Nennen Sie bitte noch andere.

Natürlich gab es auch Dellen in der Entwicklung, eigentlich aber ging es immer aufwärts. Als der Völkerkundler pensioniert wurde, durfte ich die Gesamtleitung übernehmen und die beiden Häuser zusammenführen. Ich konnte die Inventarisation vereinheitlichen, den Personalbestand ausbauen. Ein Höhepunkt war auch die Sanierung von 2012 bis 2014, bei der wir den Lift, der bisher mitten durch die Ausstellung geführt hatte, an die Fassade versetzen konnten. Der Job als Ganzes war ein Höhepunkt. Ich konnte schreiben, gestalten, angewandt forschen und hatte viel mit Menschen zu tun.

Und der Tiefpunkt?

Dass Sammlungsleiter Achim Schäfer im Winter unerwartet gestorben ist. Das war ein Schlag für mich. Ich habe in meinem ganzen Arbeitsleben mit keinem anderen Menschen so intensiv zusammengearbeitet, wie mit ihm.

Was war Ihre Lieblingsausstellung?

In meiner Zeit als Direktor haben hier 83 Ausstellungen stattgefunden, künstlerische, ethnologische, historische. Eine, die mich sehr berührt hat, war die Ausstellung über Ägypten. Ich konnte mich dabei in ein für mich als Kunsthistoriker neues Gebiet vertiefen.

Ihnen wird vorgeworfen, sich als Direktor zu sehr auf Kunst fixiert zu haben. Was kontern Sie?

Das stimmt nicht, wie der Ausstellungskatalog der letzten Jahre zeigt. Wir haben in unserem Haus drei grosse, gleichberechtigte Abteilungen: Geschichte, Völkerkunde und Archäologie. Bei uns kommen der Amazonas und Indianer ebenso vor wie Kriege, Gallus, die Reformation und Carl Liner mit seinen Holzschnitten. Man kann es nie allen recht machen. Wir haben uns als Haus sehr geöffnet, um ein breites Publikum anzusprechen.

Sie gehen bald in Pension. Schon Pläne?

Ich fühle mich nicht wie in ein Rentner, aber ich bin nun mal einer. Ich werde die Sektion Ostschweiz der Organisation Schweiz-Israel präsidieren. Meine Tochter wohnt ihn Tel Aviv, vor Corona habe ich sie mehrmals pro Jahr besucht. Auch gibt es Publikations- und Forschungsprojekte, die ich umsetzen möchte. Aber ich setze mich nicht unter Druck, das habe ich mir geschworen.

Wird man Sie als Besucher in einer HVM-Ausstellung antreffen?

Bestimmt nicht gleich im Monat nach meinen letzten Arbeitstag. Ich habe schon immer viel Freizeit in Museen verbracht. Man schaut schliesslich, was die Konkurrenz macht. Mein Vorbild war das Victoria and Albert Museum in London. Kunstgewerbe, Design, Geschichte und Ethnologie, ich mag seinen Mix. Wenn mich eine Ausstellung am HVM interessiert, werde ich natürlich zurückkehren. Man muss aber auch Abstand nehmen können.

Was wünschen Sie Ihrem Nachfolger Peter Fux?

Als ich das Museum übernommen habe, war vieles im Umbruch. Ich hinterlasse nun ein sauber organisiertes Haus. Er soll und kann sich auf spektakuläre, zugkräftige Ausstellungen konzentrieren. Ich wünsche ihm viel Spass dabei. Und Erfolg bei der Suche nach neuen Sponsoren. Die Subventionserhöhungen stehen in den Sternen, obwohl das Museum sie bräuchte.