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Schweiz
Der Bund erwägt, die schnell impfenden Kantone mit mehr Impfstoff zu beliefern – auf Kosten der anderen. Der baselstädtische Gesundheitsdirektor Lukas Engelberger findet das prüfenswert – und stösst damit innerhalb der kantonalen Konferenz auf Widerspruch. Pikant: Basel-Stadt klopfte in Baselland für zusätzliche Dosen an.
In einem Punkt sind sich alle einig: Je schneller die Schweizer Bevölkerung durchgeimpft ist, umso schneller nähert sich unser Leben wieder der Normalität an. Doch es gibt zwei Probleme, die zu Verzögerungen führen.
Als Musterschüler sieht sich der Kanton Basel-Stadt. Sein Regierungsrat Lukas Engelberger (CVP), der die GDK präsidiert, sympathisiert mit einem Vorschlag, den Gesundheitsminister Alain Berset (SP) am Wochenende verbreiten liess. Demnach erwägt der Bund, den Schlüssel für die Impfdosen-Verteilung abzuändern. Jene Kantone, die schon viele Impfungen durchgeführt haben, sollen belohnt werden und zusätzliches Serum erhalten – die langsamen leer ausgehen.
Engelberger hält diesen Vorschlag für prüfenswert. Als «Planungsüberlegung», nicht als Drohung, wie er präzisiert. Es gehe darum, dass Kantone untereinander kurzfristig Impfdosen vorbeziehen und austauschen könnten. Dass er sich auf die Seite von SP-Bundesrat Alain Berset schlägt, löst bei Gesundheitsdirektoren anderer Kantone Kopfschütteln aus. Ein Regierungsrat formuliert es so:
Engelberger ist GDK-Präsident und sollte sich als Interessenvertreter der Kantone verstehen, nicht als Bersets williger Vollstrecker.
Ein anderer sagt gar, es komme zu einem Aufstand der Kantone, wenn der Zuteilungsschlüssel wie angedroht geändert würde. Engelberger wolle sich als «Express-Impfer» profilieren, notfalls auf Kosten anderer.
Engelberger sagt: «Basel-Stadt setzt zur Vermeidung von zusätzlichen Covid-19-Opfern auf maximale Impfgeschwindigkeit.» Sein Kanton gehört, wie das Tessin, zu jenen Gebieten, die einen hohen Anteil der Dosen schon verimpft haben.
Das klingt gut, ist aber nicht ohne Risiken. Wie CH Media publik gemacht hat, mahnte das BAG in einem vertraulichen Dokument die Kantone dazu, Reserven für die Zweitimpfung anzulegen. Diese findet etwa vier Wochen nach der Erstimpfung statt - zwingend mit demselben Impfstoff wie die erste Dosis. Gemäss dem Bundesamt für Gesundheit wäre es also falsch, jetzt schon die grosse Mehrheit des Impfstoffs zu verbrauchen.
Basel habe aus PR-Gründen zu schnell zu viele Impfdosen gespritzt, sagt ein Mitglied der GDK, und sitze nun in der Klemme. Engelberger entgegnet: «Wir planen die jeweilige Zweitimpfung wie empfohlen ein.»
Allerdings zeigen Recherchen: Basel-Stadt hat beim Nachbarkanton Baselland um zusätzliche Impfdosen gebeten. «Eine solche Anfrage ist erfolgt», bestätigt der Baselbieter Gesundheitsdirektor Thomas Weber (SVP). Wegen Lieferverzögerungen beim Hersteller Pfizer sei es dann nicht so weit gekommen. Hätte der Vorbezug durch Basel-Stadt beim Landkanton stattgefunden, hätte dieser nach ein paar Tagen die Dosen wieder zurückbekommen. Weber spricht von« freundnachbarschaftlicher Kooperation», die nicht zu Lasten der eigenen Bevölkerung gehe.
Sein Amtskollege Engelberger gibt sich dazu wortkarg und sagt nur: «Für die ab (heute) Montag anstehenden Zweitimpfungen ist kein Vorbezug zu Lasten eines anderen Kantons nötig.» Die Nachfrage, ob das so bleibe, lässt er unbeantwortet. Laut GDK ist ein kurzfristiger Vorbezug oder Abtausch von Impfstoff unter den Kantonen möglich; vereinzelt werde das auch schon praktiziert.
Baselland musste sich in der «NZZ am Sonntag» den Vorwurf eines Trödelkantons beim Impfen gefallen lassen. Erst ein Viertel der Dosen sei verimpft worden. Gegen diesen Vorwurf wehrt sich Regierungsrat Weber: «Die Datenrecherche der NZZ ist unsauber und nicht differenziert.»
Es sei wichtig zu beachten, so Weber, dass pro bereits erfolgte Impfung jeweils auch der Impfstoff für die zweite Dosis addiert werden muss. «Unsere Planung berücksichtigt dies.» Webers Amt zeigt in einer Grafik, dass die gelieferten Impfdosen vorzu verimpft würden.
Baselland gehört zu jenen Kantonen, die am bisherigen Zuteilungsschlüssel festhalten wollen, wie auch grosse Kantone wie Zürich oder Aargau und viele andere. Die GDK teilt ihre Haltung wie folgt mit: «Dass ein Kanton insgesamt weniger Impfdosen bekommen soll, als ihm gemäss dem Verteilschlüssel zustehen, halten wir für wenig zielführend.»