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Sport (BZ)
Christopher Horne spielte einst in Australien professionell Baseball. Dennoch wechselte er in die Schweiz. Bei den Therwil Flyers ist er nun mehr als nur ein Verstärkungsspieler.
Noch bevor sich Christopher Horne zum Gespräch hinsetzt, entschuldigt er sich. Gleich zweimal. Zuerst dafür, dass auf dem soeben geschossenen Bild sein Bart zu sehen ist, der in leicht rötlicher Farbe in seinem Gesicht spriesst. Es ist der optische Hinweis, dass er mit den Therwil Flyers schon seit einigen Tagen in den Playoffs spielt. «Lange wuchs da noch nichts», sagt er mit einem breiten Lachen. Die zweite Entschuldigung gilt seinem australischen Akzent. Wobei seine Freunde in seinem Heimatland der Auffassung sind, dass dieser europäischer geworden sei, sagt Horne.
Zu entschuldigen braucht sich der 24-jährige Pitcher eigentlich nicht. Denn in der Schweiz ist er beinahe auf wohltätiger Mission. Er ist ein sogenannter Import Player der Therwil Flyers. Ein Spieler also, der aus dem Ausland importiert wurde, um die Mannschaft zu verstärken und gleichzeitig Baseball im Klub und in der Region weiterzuentwickeln.
Dass Horne den Weg ins Baselbiet fand, überrascht. Aufgewachsen in einer Stadt nahe Adelaide schliesst er sich mit zehn Jahren dem lokalen Baseballverein an. Ihn treibt an, wie schnell er den Ball werfen kann, trainiert Würfe mit seinem Vater im Hinterhof seines Hauses. Immer mal wieder donnert ein Ball in den Gartenzaun, weil Hornes Geschoss das Ziel verfehlt.
Als 18-Jähriger wird er von den Adelaide Bites unter Vertrag genommen, einer australischen Profimannschaft. Erst einige Jahre zuvor wurde die australische Baseballliga unter der Regie der amerikanischen Major League Baseball (MLB) professionell gegründet. Horne lernt viel, geniesst das Profidasein. Sportlich ist seine Rolle aber klein. «Ich war ein Durchschnittsspieler, kein Superstar, der ständig im Rampenlicht steht», sagt er. Trotzdem wird er für die U23 Australiens aufgeboten, die 2016 in Mexiko an den Weltmeisterschaften die Silbermedaille holt. Für einmal steht er im Fokus: «Du fühlst dich schon sehr professionell, wenn du von einer Polizeieskorte zum Stadion begleitet wirst.»
Obwohl er in der australischen Profiliga spielt, will er ins Ausland. Weil es mit Amerika nicht klappt, schaut er sich nach Alternativen um. Dass er schliesslich in Therwil landet, ist dem Zufall zuzuschreiben. Die Flyers sind mit einem Freund Hornes im Gespräch, der aber bereits bei einem französischen Team unterschrieben hat. Er bringt Horne ins Spiel. Im März 2017 finden die ersten Gespräche mit dem Verein statt, einen Monat später sitzt er im Flugzeug nach Basel. «Ich wusste nichts über Baseball in der Schweiz und kannte auch Basel nicht», gesteht Horne. Eine Recherche reicht gerade noch, um herauszufinden, dass die Flyers oft gewinnen.
In Therwil angekommen, ist er fasziniert von der grünen Landschaft. «Sogar die Bäume sind anders als in Australien», sagt er. Ein Jahr braucht er, um Therwil richtig auszusprechen – ohne den englischen th-Laut. Doch sportlich verläuft die Integration problemlos. Das Niveau ist zwar wie erwartet tiefer, weniger professionell als in Australien, doch Horne stört das nicht. «Nur weil die Spieler in der Schweiz keine Profis sind, heisst das nicht, dass sie keine professionelle Einstellung haben», erzählt der Australier.
Seine Rolle innerhalb der Mannschaft ist in Therwil ungleich grösser als in Adelaide. Er ist der Starspieler mit Länderspielerfahrung, steht im Rampenlicht – und geniesst das. «Mir gefällt der Druck, Leistung erbringen zu müssen.» Als Pitcher besetzt er eine entscheidende Position. Er bringt seine Mannschaft in eine gute Ausgangslage, wenn er seinen Job erledigt.
Doch Horne ist nicht nur Verstärkungsspieler, er ist auch Entwicklungshelfer. Er coacht Kinder im Klub, gibt Ratschläge. Vergangene Saison war er erstmals Trainer der NLB-Mannschaft. «Er ist ein feiner Typ, der mehr als bestens im Klub integriert ist», lobt Sebastian Zwyer, Teamkollege bei den Flyers. Horne meint: «Es macht Spass, Leuten zu helfen, sich zu verbessern.»
Zu verbessern gibt es in der Schweiz noch einiges. Baseball geniesst einen geringen Stellenwert. Traurig sei er darüber schon, meint Horne, es sei schliesslich eine geniale Sportart, die mehr Aufmerksamkeit verdient hätte. Doch wie dies zu erreichen ist, weiss auch der Australier nicht abschliessend. «Erfolge der Nationalmannschaft helfen. Dann kommen Medien und Zuschauer. Und natürlich helfen auch finanzielle Investitionen.»
Horne, der in Basel studiert, verfolgt auch persönliche Ziele. Er träumt von einem Aufgebot für die Nationalmannschaft Australiens. Das sei auch aus Therwil möglich, wenngleich schwieriger. «Ich will mich in den nächsten Jahren weiter pushen und schauen, wie gut ich werden kann.» Zuerst will er aber den Schweizer Meistertitel verteidigen. Heute Samstag beginnen die Finalspiele gegen die Bern Cardinals, «eine Herausforderung», wie Horne meint. Doch der Australier hat Vertrauen in seine Mannschaft. «Wenn wir unsere beste Leistung abrufen, sind wir die beste Mannschaft der Schweiz.» Gewinnen die Flyers, kann auch sein Bart wieder weg. Ein Schnauz muss aber bleiben. Als Siegesmerkmal.