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Sport (BZ)
Am kommenden Wochenende steigt in der Basler St. Jakobshalle die Hallenradsport-WM.
Das Sportjahr 2019 in der Basler St. Jakobshalle hatte es in sich. Martin Fuchs sprang mit seinem Pferd über Hindernisse, Stephane Lambiel zeigte Kunstwerke auf dem Eis, Badminton-Star Lin Dan pfefferte den Federball über das Netz und Roger Federer krönte sich zum zehten Mal zum Basler Tennis-Champion.
Diese bekannten Namen sind aber Geschichte. Die Gegenwart gehört den Exoten der globalen Sportwelt: den Radballern und Kunstradfahrern.
Vom Freitag bis Sonntag (6. – 8.12.) finden in der St. Jakobshalle die Hallenradsport-Weltmeisterschaften statt. Anstatt um lukrative Geldtöpfe geht es um Ruhm und Ehre. Beim Radball versuchen zwei Zweiermannschaften mit ihrem Velo den Ball ins gegnerische Tor zu befördern. Damit dieser Versuch von Erfolg gekrönt ist, benötigt es einige Voraussetzungen: Koordination, Schnelligkeit und Kraft.
Dass die Randsportart überhaupt ein Dasein führt, ist einem Zufall zu verdanken. Gegen Ende des 19. Jahrhunderts soll dem bekannten Kunstradfahrer Nick Kaufmann ein Hund vor sein Velo gesprungen sein. Um nicht von seinem Sattel zu fliegen, schob er das Tier mit seinem Vorderrad zur Seite.
Der Weg vom vierbeinigen Hund zu einem förmigeren Ball war nicht mehr weit. 1883 demonstrierte Kaufmann erstmals mit einem anderen Kunstradfahrer die Fähigkeit, mit einem Velo gegen einen Ball zu «treten». Schnell schwappte die Sportart nach Europa über, vor allem in die deutschsprachigen Länder.
Mathias Oberer versteht die Radball-Szene wie kein Zweiter. Er ist Obmann des Radballvereins Liestal. Der 40-Jährige macht beinahe alles, was es im Radball zu machen gibt. Er war Spieler, Chef-Trainer vom kanadischen Radballteam und ist jetzt internationaler Schiedsrichter. In diesem Jahr fungiert er zusätzlich als Vize-Präsident der WM in Basel.
«Ich bin eine Kuh, die reisst», beschreibt sich Oberer selbst. Sein Ehrgeiz ist es, Radball am Leben zu halten. Viele andere Vereine verfügen nicht über eine solche Antriebsperson und wurden deswegen aufgelöst. Liestal - als einziger in der Region Basel - nicht.
«Trotz den schwindenden Vereinen geht es mit Radball nicht bergab», sagt Oberer und fügt an: «Es ist gut, dass wir nicht olympisch sind. Unser Sport ist im Gegensatz zu anderen nicht vom Geld verseucht.» Seine Einstellung passt zur traditionsreichen Vergangenheit, die der Sport hat.
Seit 1930 werden jedes Jahr - bis auf den zweiten Weltkrieg - Weltmeisterschaften durchgeführt. Einen finanziellen Anreiz für die Sportler gibt es nicht. «Die Gewinner bekommen einen Schmutz und ein Regenbogentrikot.» Die Bescheidenheit in Zeiten der Millionen-Preisgelder in anderen Sportarten erfüllt Oberer mit Stolz.
Es ist kein Zufall, dass in Basel bereits die zweiten Weltmeisterschaften im Radball und Kunstradfahren in nur sieben Jahren stattfinden. Die deutschsprachigen Länder dominieren den Hallenradsport nach Belieben. Im Radball holten sie in den letzten zehn Jahren jedes Mal Gold und Silber. Sechsmal ging der Titel an Österreich, zweimal an die Schweiz und zweimal an Deutschland.
Aus diesen Ländern ist den Teams die Unterstützung der Fans gewiss. «Die Stimmung in der Halle ist an Weltmeisterschaften extrem laut», sagt Oberer und hält sich seine Ohren zu, um seinen Worten mehr Wirkung zu verleihen. Für ein paar zusätzliche Dezibel sorgt der Alkoholkonsum. «Ein richtiger Radballfan säuft in den drei Turniertagen nur Bier. Sobald die Spieler mit ihrem Einsatz fertig sind, gesellen sie sich dazu», sagt Oberer.
Dieses Zusammensein treiben Oberer und andere Radballfans an und führt sie jedes Jahr an der WM zusammen. Der OK-Vizepräsident erhofft sich circa 2600 Fans in der St. Jakobshalle, deren Kapazität für die Weltmeisterschaften auf 3000 Plätze reduziert wurde. «Die WM ist wie ein Festival», sagt Oberer.
Ein Festival, an dem trinkfreudige Fans und Exoten auf Velos an dem Ort, an dem Roger Federer vor wenigen Wochen unter goldenem Konfetti-Regen seinen zehnten Swiss-Indoors-Titel feierte, für den Abschluss des Basler Sportjahres sorgen.