Champions League
Ist YB jetzt auf einer Stufe mit dem FC Basel? Drei Erkenntnisse nach dem grössten Coup der YB-Vereinsgeschichte

Das 2:1 von YB gegen Manchester United ist auch ein Sieg von Trainer David Wagner. Und es löscht einen Makel in der Berner Geschichte. Eine Analyse nach einer lange ersehnten magischen Schweizer Champions-League-Nacht.

Etienne Wuillemin
Etienne Wuillemin
Drucken

Der erste «echte »europäische Coup von YB

Das Teamfoto nach dem grössten Coup der Vereinsgeschichte: Die YB-Spieler posieren nach dem 2:1 gegen Manchester United.

Das Teamfoto nach dem grössten Coup der Vereinsgeschichte: Die YB-Spieler posieren nach dem 2:1 gegen Manchester United.

Thomas Hodel / Handout YB/ freshfo

Der 14. September 2021 wird in die Geschichte des Schweizer Fussballs eingehen. Für ganz Bern ist es gar ein Datum für die Ewigkeit. Der Tag, an dem YB endlich seine erste magische europäische Nacht feiert.

Der 2:1-Sieg in der Champions League gegen Manchester United ist der grösste Erfolg der Vereinsgeschichte. Und er löscht einen Makel, den die Berner trotz ihrer vier Meistertitel hintereinander bis gestern immer mit sich herumschleppten: den Vorwurf, auf europäischer Bühne meist zu versagen. Natürlich, es gab immer mal wieder einen Ausreisser nach oben – zuletzt gelang es YB im letzten Februar, Bayer Leverkusen auszuschalten – aber es war halt doch immer «nur» die Europa League. Dazu sind die Erinnerungen aus der ersten Teilnahme in der Champions League 2018 keine guten. Ein Sieg (gegen Juventus Turin) gelang erst, als es um nichts mehr ging.

Gerade der Vergleich mit dem FC Basel ist in der Schweiz omnipräsent. Der FCB lieferte in der Champions League über Jahre immer wieder grossartige Leistungen ab, qualifizierte sich mehrmals für die Runde der letzten 16, zuletzt 2011, 2014 und 2017. Und liess dabei europäische Grössen wie Manchester United, Liverpool oder Benfica Lissabon hinter sich.

Die Basler Erfolge sind (vor allem in der Summe) kaum zu toppen. Aber nun hat auch YB seinen sehnlichst erwarteten ersten grossen Coup. Es ist ein Erfolg, auf dem es nun aufzubauen gilt.

Als würde YB auch in der Premier League spielen

Das Foul, das die rote Karte gegen Uniteds Wan Bissaka nach sich zieht. YB-Stratege Martins und seine Mitspieler sind physisch präsent und den Premier-League-Stars ebenbürtig.

Das Foul, das die rote Karte gegen Uniteds Wan Bissaka nach sich zieht. YB-Stratege Martins und seine Mitspieler sind physisch präsent und den Premier-League-Stars ebenbürtig.

Peter Klaunzer / KEYSTONE

Der Weg in den Achtelfinal bleibt für YB steinig, die nächsten Gegner Atlanta Bergamo und Villareal sind viel besser, als sie in der Schweiz Kraft ihrer wenig bekannten Namen scheinen mögen. Trotzdem sollte man nun mit Lob nicht sparen. YB verdient sich nach gestern den allergrössten Respekt. Warum? Es ist vor allem die Art und Weise des Auftritts, die noch überzeugender war als das Resultat.

Das war ein Team auf dem Feld ohne Angst, dafür mit viel Selbstverständnis und Überzeugung. Ein Team, das nie die Geduld verlor, trotz frühem Rückstand. Spieler, die in jedem Zweikampf den Eindruck vermittelten, als würden sie wie der Gegner auch Woche für Woche in der Premier League spielen. Klar begünstigte die rote Karte gegen die United den Spielverlauf, aber eine Selbstverständlichkeit waren Sieg und Überlegenheit gleichwohl nicht.

Das Meisterstück von Trainer David Wagner

Weist mit seinem Coaching den Weg: Trainer David Wagner.

Weist mit seinem Coaching den Weg: Trainer David Wagner.

Peter Klaunzer / KEYSTONE

Dabei stand ein Trainer an der Linie, der mit seinem mutigen Coaching die Richtung wies. David Wagner ist erst seit knapp drei Monaten bei YB. Gegen Manchester United lieferte er sein erstes Meisterstück ab. Er wechselte zum richtigen Zeitpunkt die richtigen Spieler ein. Er stärkte je länger je mehr die Offensive, sandte seinem Team damit das Signal aus, mit einem Unentschieden nicht zufrieden zu sein. Und er fand immer wieder eine noch bessere Antwort, wenn sein Gegenüber auf der United-Bank, Ole Gunnar Solskjaer, seinen Strafraum noch ein bisschen mehr abriegeln wollte.

Am Ende dieses denkwürdigen Abends steht darum nicht nur der Sieg. Sondern auch die Tatsache, dass ein Team aus der Premier League über 90 Minuten gesehen noch nie von einem Schweizer Team so dominiert wurde wie Manchester United gestern von YB. Es ist eine Erkenntnis, die der gebeutelte Schweizer (Klub-)Fussball lange ersehnt hat. Und die Hoffnung besteht, dass weitere Erfolgsmeldungen folgen.