Die Formel-E bietet packenden Rennsport. Das zeigte sich beim E-Prix auf dem legendären Stadtkurs von Monaco erst recht.
Wer an die Formel 1 denkt, erinnert sich ziemlich sicher auch an den legendären Grand Prix von Monaco. Seit 1929 werden auf dem engen Stadtkurs im Fürstentum Rennen ausgetragen, seit 1955 steht die Strecke offiziell im Formel-1-Rennkalender. Sie stellt, zumindest in Sachen Prestige, seit jeher den Höhepunkt der Saison dar. Dass das Rennen, für welches die öffentlichen Strassen in der Stadt rund um Hafen und Casino gesperrt werden, überhaupt noch im Rennkalender steht, verdankt es einzig und allein seiner ruhmreichen Geschichte. Denn die aktuellen Sicherheitsauflagen der höchsten Rennklasse lassen sich auf dem Stadtkurs nur mit grosser Mühe einhalten. Auslaufzonen und Kiesbett? Fehlanzeige. Stattdessen duellieren sich die Fahrer in einem engen Korridor zwischen Leitplanken. Wer einen Eindruck davon bekommen will, findet im Internet zahlreiche Videos aus der Fahrerperspektive. Die Qualifying-Runde von Rekordsieger Ayrton Senna aus dem Jahre 1990 ist bis heute unvergessen und zeugt davon, was der dreimalige Weltmeister Nelson Piquet in einem anschaulichen Satz zum Ausdruck brachte: «Es ist, als würde man mit dem Helikopter durchs Wohnzimmer fliegen.»
Denn: Die pfeilschnellen F1- Boliden benötigen eigentlich Platz, um sich voll zu entfalten. In Monaco müssen sie millimetergenau zwischen den Leitplanken hindurch manövriert werden. Und das bei einer Höchstgeschwindigkeit von fast 300 km/h. Mit einer Durchschnittsgeschwindigkeit von 150 km/h ist das Rennen allerdings so langsam wie auf keiner anderen Strecke. Und trotzdem, oder gerade deswegen: Eine F1-Saison ohne Monaco ist wie ein Geburtstag ohne Torte. Ende Mai ist es wieder so weit, und die hochgezüchteten Rennmotoren lassen die Luft in der legendären Hauptstadt der High-Society vibrieren. Während der Formel- 1-Grand-Prix die Brücke von den guten alten Zeiten ins Hier und Jetzt schlägt, war vergangenes Wochenende gewissermassen die Brücke in die Zukunft zu Gast in Monaco: die Formel E. Bei dieser Veranstaltung sind Rennen auf Stadtkursen nicht die Ausnahme, sondern die Regel. Darauf sind auch die Autos ausgelegt. Zwar sind sie deutlich langsamer unterwegs als die Boliden in der Formel 1. In Monaco bleibt die Uhr nach einer schnellen Runde bei rund 1:30 Minuten stehen, also rund 20 Sekunden später als bei der Formel 1. Dafür sind die elektrischen Gefährte auf mehr Spektakel im Rennen getrimmt. Die Reifen ähneln mehr sportlichen Strassenreifen als reinrassigen Renn-Slicks. Und die Aerodynamik ist auf deutlich weniger Abtrieb getrimmt als in der Formel 1; das macht die Autos weniger anfällig und bietet mehr Möglichkeiten für Überholmanöver.
Den besten Beweis dafür lieferte beim E-Prix in Monaco DS-Penske-Pilot Jean-Éric Vergne. Der Franzose im Team der jungen, französischen Marke aus dem Stellantis-Konzern musste aus der letzten Reihe starten, da der Reifendruck nach der Qualifikation nicht im geforderten Bereich lag – die Regeln in der Formel E sind streng. Im Rennen über 29 Runden ohne Boxenstopp kämpfte er sich auf Platz sieben vor. Allgemein war das Rennen geprägt von packenden Überholmanövern und Positionskämpfen – und ab und zu flogen buchstäblich die Fetzen. All das, was Rennsportfans lieben und in der Formel 1 selten zu Gesicht bekommen. Das könnte auch eingefleischte Formel-1-Fans darüber hinwegtrösten, dass es beim E-Prix akustisch ruhiger zu- und hergeht. Bis auf ein Sirren von E-Motoren und Getrieben und gelegentliches Reifen-Quietschen herrscht hier nämlich Ruhe; den Gehörschutz können Zuschauer getrost zu Hause lassen. Eine durchaus angenehme Begleiterscheinung. Denn verstärkt durch das Echo in den engen Häuserschluchten wird das Gebrüll von 22 Formel-1-Rennmotoren für Zuschauer und Anwohner zur Belastung. Technologietransfer als Zukunftsziel Auch für Skeptiker dürfte der E-Prix in Monaco eine überzeugende Vorstellung gewesen sein. Ein Beweis dafür, dass packender Motorsport auch elektrisch und ohne ohrenbetäubende Motoren funktionieren kann. Mit den Formel-E-Rennwagen der dritten Generation hat die Rennserie wieder einen Schritt nach vorne gemacht und sich deutlich von den Anfängen der Serie, als zur Rennhälfte noch das Auto gewechselt wurde, distanziert. Mit weit über 300 km/h Höchstgeschwindigkeit und 478 PS Leistung sind die E-Boliden bestens gerüstet, um sich spannende Duelle zu liefern. Die Piloten sind zudem gefordert, weil sie laufend die Einstellungen für die Energierückgewinnung in den Bremsphasen anpassen müssen – bis zu 40% des Stromes kommen aus der Rekuperation. Für die Zukunft sollen die Teams noch mehr Freiheit für die Entwicklung erhalten. So werden ab 2024 Ladestopps die Rennen bereichern. Die Rennserie soll die Entwicklung neuer Technologien vorantreiben, die anschliessend den Weg in Serienautos finden könnten. So rechnen sich die hohen Ausgaben für die Hersteller, die auch auf der Strasse immer mehr auf Strom setzen. «Ab 2024 werden alle neuen Modelle von DS Automobiles zu 100% elektrisch kommen», sagt zum Beispiel Béatrice Foucher, CEO von DS.