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Verleger Peter Wanner ist zufrieden mit der neuen TV-Senderfamilie und der Entwicklung in Basel. Man denkt sogar über neue Sendeformate nach. Und beim Mutterschiff «Nordwestschweiz» läuft bereits das nächste Projekt an.
Herr Wanner, 2012 resultierte das beste Ergebnis der Firmengeschichte - allerdings dank Sondereffekten. Wie sähe es ohne diese aus?
Peter Wanner: Dann wäre es nicht das beste Ergebnis. Nach dem Kauf von Radio 24 durch die BT-Holding mussten wir die Mehrheit von Radio 32 veräussern, weil man laut Gesetz (RTVG) nicht mehr als zwei Radios besitzen darf. Zudem haben wir das Langenthaler Tagblatt verkauft. Ohne diese ausserordentlichen Erträge läge das Ergebnis rund 10 Millionen tiefer, also bei etwa 9 Millionen Franken.
Die AZ Medien haben im Geschäftsjahr 2012 einen Gewinn von 19 Millionen Franken erzielt. Das Vorjahresergebnis wurde um 4,1 Millionen übertroffen. Das positive Ergebnis ist durch ausserordentliche Erträge beeinflusst. Das Langenthaler Tagblatt wurde an Tamedia verkauft und die Mehrheitsbeteiligung an Radio 32 musste aufgrund gesetzlicher Auflagen veräussert werden. Der Gruppenumsatz liegt mit 251,7 Millionen Franken um 12,9 Millionen höher als im Vorjahr, hauptsächlich resultierend aus der Konsolidierung der TV-Sender TeleZüri und TeleBärn. Der Geschäftsbericht wird Anfang Mai publiziert. Die AZ Medien geben die «Nordwestschweiz» heraus. Im Besitz des Medienunternehmens sind unter anderem auch die «Schweiz am Sonntag», die regionalen TV-Sender Tele M1, TeleBärn und TeleZüri, diverse Gratisanzeiger, Fachzeitschriften und Druckereien. Peter Wanner (69) ist Mehrheitsaktionär, Verwaltungsratspräsident und derzeit auch CEO der AZ Medien.
Das wäre immer noch gut.
Jein. Es kommt auf die Ziele an. Andere Medienunternehmen wollen 15 Prozent Betriebsgewinn-Marge, ich bin aufgrund der hohen Abschreibungen - wir schreiben auch den Goodwill ab - zufrieden mit fünf bis sechs Prozent. Das erreichen wir im Moment nicht ganz. Daran müssen wir arbeiten. Schliesslich wollen wir weiterhin investieren und akquirieren können.
Wirken sich die Zukäufe von Tele-Züri und TeleBärn positiv aufs Ergebnis aus?
Mit der ganzen TV-Senderfamilie haben wir den Break Even erreicht, nachdem Tele M1 das Ergebnis lange belastet hatte. Ein Return on Investment ist es aber noch nicht. Den wollen wir so erreichen: durch die Nutzung weiterer Synergien, durch die Ausschöpfung unseres Potenzials im lokalen und nationalen Werbemarkt - aber auch durch die Lancierung neuer Formate.
Was planen Sie da?
Wir denken über eine Sport- und über eine Satiresendung nach. Ob sie tatsächlich zustande kommen, wissen wir noch nicht. Das hängt auch vom Sponsoring ab.
Im TV-Bereich herrscht momentan ein Durcheinander wegen der Einschaltquoten ...
... das betrifft uns unter dem Strich nicht gross. TeleZüri weist sehr gute Werte aus und gewinnt deutlich Marktanteile bei der werberelevanten Zielgruppe 15-49. Tele M1 hat etwas verloren und TeleBärn gewonnen.
Der Verband der Regionalsender empfiehlt seinen Mitgliedern - also auch Ihrer Senderfamilie - Mediapulse den Rücken zu kehren. Wie stehen Sie dazu?
TeleZüri bleibt auf jeden Fall drin, die beiden anderen wahrscheinlich auch. Trotzdem ist die neue Messmethode von Mediapulse ärgerlich, weil die Zahlen vorab in kleinen Konzessionsgebieten unerklärliche Schwankungen ausweisen. Auch fehlen für TeleZüri zum Beispiel die Marktanteilsauswertungen für den Raum Zürich. Hier müsste Mediapulse die Bereitschaft zeigen, das Panel nochmals zu verfeinern.
In den vergangenen Jahren haben Sie viele Übernahmen getätigt. Was planen Sie für die Zukunft?
Im Online-Bereich könnten wir besser aufgestellt sein. Das ist aber schwierig für einen regionalen Zeitungsverlag. Die grossen Verlage sind dort weiter. Deshalb prüfen wir jetzt ernsthaft das Projekt von Hansi Voigt (ehemaliger Chefredaktor von 20 Minuten Online, Anm. der Red.). Das wäre eine Investition in ein nationales Online- und Mobile-Portal. Wir studieren den Businessplan und werden in den nächsten Wochen entscheiden, ob und wenn ja, wie viel wir investieren.
Was könnte dieses neue nationale Portal besser machen als die bestehenden wie «20 Minuten», «Newsnetz» und «Blick»?
Hansi Voigt hat viele Ideen, was man alles machen könnte. Er glaubt vor allem, dass die Zukunft «Mobile» sein wird. Wir müssen uns jetzt überlegen, ob wir da dabei sein wollen oder nicht. Es ist natürlich Risiko-Kapital. Niemand kann genau sagen, wie es herauskommen wird. Für uns wäre es aber eine Chance, national auch im Online-Bereich stärker Fuss zu fassen.
Wann kommt die Bezahlschranke für das aktuelle Online-Angebot der AZ Medien?
Wir arbeiten mit Hochdruck daran. Ob wir im Herbst schon parat sind, wird sich zeigen. Sonst wirds Frühling 2014. Es kann nicht sein, dass wir weiterhin alles gratis aufs Netz stellen - vor allem die lokalen und kantonalen Inhalte, bei denen wir führend sind. Ich kann mir aber gut vorstellen, dass wir die nationalen Inhalte weiterhin gratis anbieten werden.
Zurück zum Ergebnis 2012: In welchen Bereichen läuft es gut, wo nicht?
Bei den Anzeigern, den Zeitschriften und dem Zeitungsdruck lief es gut. Auch die Radios, die zur BT-Holding gehören, entwickelten sich erfreulich. Weniger gut lief es im Kundendruck und bei den Zeitungen. Sowohl die Tageszeitungen als auch «Der Sonntag» haben zu spüren bekommen, dass die Einnahmen aus dem Werbemarkt leicht rückläufig sind. Die Situation ist nicht dramatisch, erfordert aber Massnahmen.
Und wie ist 2013 angelaufen?
Durchmischt. Allerdings ist das zum jetzigen Zeitpunkt schwierig zu beurteilen, weil im Januar und Februar traditionell Zurückhaltung herrscht. Die Frage ist nun, ob in den nächsten Monaten mehr hereinkommt oder ob die Verunsicherung im Markt bleibt. Das betrifft aber alle in der Branche, nicht nur uns. Wir müssen aber auch wieder vermehrt die Stärken der Zeitung als attraktive Werbeplattform herausstreichen.
Tamedia hat kürzlich ein grosses Sparpaket angekündigt. Was ist bei den AZ Medien zu erwarten?
Wir werden um gewisse Sparmassnahmen ebenfalls nicht herumkommen, aber nicht in dem Ausmass wie bei Tamedia. Im ganzen Unternehmen sollten wir noch zweieinhalb bis drei Millionen einsparen, die Hälfte davon Sachaufwand. Die Reduktion des Personalaufwands sollte weitgehend über natürliche Fluktuation erfolgen.
Darunter leidet die Qualität. Ist das nicht ein Teufelskreis?
Das ist ein sehr sensibles Thema. Aber wir können nicht so tun, als würden uns die rückläufigen Werbeerträge nicht beschäftigen. Dazu kommt, dass die Auflagen der Tageszeitungen weiterhin leicht sinken. Deshalb müssen wir mit vollem Elan die digitale Transformation angehen. Wir müssen die Leser dazu bringen, dass sie auch bereit sind, für das Online-Angebot zu bezahlen, wenn die Qualität stimmt.
Wie sind Sie mit dem Zeitungsverbund «Nordwestschweiz» zufrieden?
Im Grossen und Ganzen bin ich durchaus zufrieden, punktuell können wir uns aber noch steigern. Zum Beispiel im Aargau, wo wir uns unter unserem Wert verkaufen, wenn ich an die Anzahl redaktioneller Seiten denke, die wir produzieren, aber nicht in allen Ausgaben bringen. Da läuft auch ein Projekt, wo wir die Konzeption der Zeitung nochmals überprüfen. National sind wir recht gut, aber auch da denken wir über Optimierungen nach. Jetzt kommt natürlich sofort die Frage nach mehr Ressourcen ...
Genau!
Das ist im Moment wie gesagt schwierig, weil wir sparen müssen. Aber sobald wir etwas mehr Ressourcen hätten, sehe ich noch Potenzial. Vor allem im Hinblick auf Basel, wo ein intensiver Wettbewerb herrscht. Dort geht es darum, wer die bessere Zeitung macht. Und dort wollen wir natürlich Paroli bieten.
Wie kommt Ihre Offensive in Basel denn voran?
Mit dem Engagement in Basel bin ich sehr zufrieden. Unsere Auflage steigt kontinuierlich, während die der «Basler Zeitung» sinkt. Bei uns sind es mittlerweile bald 26 000 Exemplare verkaufte Auflage, also plus 6000, während die Druckauflage der BaZ gemäss verlässlichen Quellen auf unter 50 000 gefallen ist und die abonnierte Auflage in der Region sich dem Vernehmen nach der 40'000er- Marke nähert. Unser Ziel für die bz liegt bei 30 000 - das ist realistisch.
Eine weitere Offensive findet im Bündnerland statt - mit der gemeinsamen «Schweiz am Sonntag».
Die Zusammenarbeit mit der «Südostschweiz» ist sehr gut angelaufen und mit der «Schweiz am Sonntag» ist der Durchbruch zum nationalen Titel gelungen - Nomen ist Omen. Das wird jetzt auch im Leser- und Inseratemarkt so begriffen. Bisher wurde «Der Sonntag» von vielen als siebte Ausgabe der Tageszeitung wahrgenommen. Durch den Namenswechsel zu «Schweiz am Sonntag» hat sich das geändert. Ein interessantes Phänomen!
Wann kommt die analoge Zusammenarbeit bei der Tageszeitung?
Wir haben bereits eine gemeinsame Bundeshausredaktion, und das funktioniert sehr gut. Ich könnte mir vorstellen, dass wir diese Zusammenarbeit ausweiten. Aber da braucht es zwei dazu. Ich bin offen dafür.
Herr Wanner, nach dem Abgang von Christoph Bauer sind Sie seit dem 1. Januar wieder CEO. Gefällt Ihnen der zusätzliche Job?
Es wäre ein Szenario gewesen, dass ich das längerfristig mache. Ich bin aber eigentlich mehr als genug ausgelastet als Verleger, das Unternehmen ist einfach zu gross geworden, um beides machen zu können. Deshalb werden wir wieder einen CEO verpflichten. Wir haben zwei sehr gute Kandidaten in der engeren Wahl.
Warum übernimmt nicht Ihr ältester Sohn Michael?
Er geht nun noch für zwei Jahre nach Harvard. Wir haben beide gefunden, dass er mit 30 Jahren noch etwas jung ist für diesen Job. Die Zeit drängt ja nicht.
Für einen neuen CEO ist das nicht gerade attraktiv. Er weiss: Eines Tages kommt der Sohn des Verlegers.
Das ist mit beiden Kandidaten intensiv besprochen worden. Es ist auch nicht geplant, dass Michael nach diesen zwei Jahren in den USA direkt als CEO einsteigen wird. Beide Kandidaten kennen die Situation und sehen die Aufgabe bei AZ Medien als Chance und als Sprungbrett.